Mit Sicherheit gefährlich
2007 wurden Sicherheitsmänner der Rheinbahn in der Heine-Allee von Angreifern schwer verletzt. Sie mögen ihren Job trotzdem.
Düsseldorf. "Wir sind hier eben direkt unter der Altstadt, da muss man mit so etwas rechnen", sagt Ernst Otahal (58) pragmatisch. Er ist eines der beiden Opfer, die im September 2007 von alkoholisierten Männern angegriffen und so schwer verletzt wurden, dass sie für mehrere Tage im Krankenhaus behandelt werden mussten. Sein Kollege William Campbell (47) ist bei Iso Security beschäftigt; das Unternehmen sorgt im Auftrag der Rheinbahn für Sicherheit.
Wie die WZ damals berichtete, war eine Gruppe von Punkern betrunken in der Passage der U-Bahnhaltestelle an der Heinrich-Heine-Allee unterwegs. Sie wollten mit Bierflaschen in die Bahn steigen, was zu diesem Zeitpunkt bereits seit über drei Monaten verboten war.
Nach einem verbalen Schlagabtausch mit Sicherheitspersonal der Rheinbahn folgten Campbell und Otahal der Gruppe, um sie am Einsteigen in eine Bahn zu hindern, woraufhin sie auf der Rolltreppe angegriffen wurden. Campbell erlitt bei dem Zwischenfall einen Netzhautriss am Auge, der mit 14 Stichen genäht werden musste. Otahal kam mit einem komplizierten Nasenbeinbruch ins Krankenhaus. Der Angreifer hatte sich nicht daran gestört, dass Otahal bereits am Boden lag - er trat ihm sogar gleich mehrfach ins Gesicht.
Gehört ein solcher Vorfall zum Berufsrisiko von Sicherheitspersonal? Kann oder muss man auf einen derartigen Angriff gefasst sein? Sowohl Campbell als auch Otahal bejahen diese Fragen, gehen erstaunlich gelassen mit dem Angriff auf ihre Gesundheit und ihre Persönlichkeit um. Otahal, schon seit 20 Jahren Rheinbahner und seit 2000 Schichtleiter beim Sicherheitsdienst, sagt über sich, dass er das Ereignis gut weggesteckt habe. "Andere sind da vielleicht sensibler, aber wie gesagt: Wir sind eben in der Altstadt." Eine Gelassenheit, die auch Campbell ausstrahlt: "So eine Verletzung ist für mich nichts Weltbewegendes." Er habe als amerikanischer Soldat 1991 im Golfkrieg gekämpft, da habe er wahrlich Schlimmeres erlebt. Beide sind schon nach wenigen Tagen in ihre Jobs zurückgekehrt, haben nie über einen Arbeitsplatzwechsel nachgedacht.
Was Campbell aber wirklich stört: dass sein Angreifer nie belangt wurde. Er sei zwar identifiziert, aber unauffindbar. "Er ist nicht vor Gericht erschienen und untergetaucht", erzählt Campbell. Otahals Angreifer wurde damals noch nach dem Jugendstrafrecht zu drei Wochen Dauerarrest verurteilt.
Was Otahal viel mehr durch den Kopf geht als der Angriff vor zwei Jahren: das Konfliktpotenzial, das vom Verbot warmer Speisen in den Bahnen ausgeht. Vor allem Besucher von außerhalb kennen die Regeln nicht, holen sich vor der Heimfahrt schnell noch eine Pizza. Da sie die dann nicht wie erwartet mit in die Bahn nehmen dürfen, verpassen sie nachts womöglich ihren Anschlusszug am Hauptbahnhof - und das macht viele richtig sauer. Meistens ist auch Alkohol im Spiel, lautstarke Auseinandersetzungen mit Handgreiflichkeiten sind programmiert. "Das Verbot wurde eigentlich auf dem Rücken der Rheinbahner entschieden", sagt er. An den Wochenenden müssten die Mitarbeiter allein an der Heine-Allee mehrere hundert Personen ansprechen - und oft mit wütenden Reaktionen umgehen.
Laut Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher kommt es in der Regel einmal im Monat zu einer ernsteren Verletzung eines Sicherheitsmitarbeiters, so dass er zum Arzt müsse. "Sogenannte Übergriffe, kleinere Attacken auf unsere Leute, gibt es regelmäßig an jedem Wochenende."
Trotz allem mag Ernst Otahal seinen Job. "Ich bin ein Rheinbahn-Urgestein", sagt er lachend. Und fügt hinzu: "Außerdem war ich früher auch nicht immer brav."