Haaner Stadtgeschichte Wertvoller Schatz zur Geschichte ab 1380
Haan · Johann Peter Kratz und seine Frau Jutta haben der Stadt Haan jetzt großartiges Archivmaterial übergeben: darunter diverse Urkunden, Verträge und Weiteres über ihren Hof in Gruiten.
Haan. Die Kartons türmen sich auf dem Besprechungstisch im Büro der Bürgermeisterin. 21 sind es an der Zahl, in denen sich wertvolle Dokumente befinden: Das Ehepaar Kratz hat dem Stadtarchiv eine Dauerleihgabe übergeben, nämlich Archivalien aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts bis etwa ins Jahr 1900. „Das älteste Dokument stammt sogar aus dem Jahr 1380“, berichtet Johann Peter Kratz (90), dessen Familie den Hof „Im Grund“ in Gruiten besitzt, um den es in den Dokumenten geht. Und auch viele weitere Informationen über das ländliche und dörfliche Leben in der Vergangenheit geben die Dokumente. „Das ist wirklich ein richtiger Schatz, und wir freuen uns sehr, dass Sie uns diesen als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen“, sagte Bürgermeisterin Bettina Warnecke. „Das ist ja auch ein großer Vertrauensbeweis.“
574 Dokumente sind es insgesamt, informiert Sylke Wickenkamp vom Haaner Stadtarchiv. Gelesen hat Johann Peter Kratz sie alle. Begeistert erzählt er von der Begebenheit, dass es in früheren Zeiten drei Müller in der Umgebung des Hofes seiner Familie und mit diesem gab. Die Müller sollten bestimmte Preise nehmen und nicht mehr, wurde vereinbart. „Und wenn sie die Preise veränderten, mussten sie eine Strafe zahlen“, erzählt er. „Dieses Geld kam dann den Armen zugute.“ Unterstützt wurde Kratz bei seiner bemerkenswerten Arbeit, die viele Jahre andauerte, vom Archivar der Gruitener Kirchenarchive, Lothar Weller. Ein kleiner Teil des Familienarchivs gelangte in das Archiv der evangelisch-reformierten Gemeinde.
Das Stadtarchiv hat die Archivalien in Mappen verpackt, eine fotografische Schadensdokumentation mit mehr als 600 Fotos gemacht und die Erschließung für die Recherche auf digitale Weise gemacht. „Eine solche Arbeit dauert natürlich Monate“, berichtet Sylke Wickenkamp. Zahlreiche Informationen seien den Dokumenten noch zu entnehmen. „Da steckt noch richtig viel Wissenswertes drin“, berichtet Johann Peter Kratz. Seine Frau Jutta erzählt, dass sie sich beim intensiven Lesen teils Napoleon richtig verbunden gefühlt habe, da es detaillierte Schilderungen aus seiner Zeit gibt. Gefunden wurden die Dokumente in Truhen auf dem Dachboden des Hofes, den Jutta und Johann Peter Kratz auch heute noch bewohnen. Sie leben auch im hohen Alter noch selbstständig in dem Haus, lediglich der große Hof ist schon seit Längerem getrennt von dem Haus und heute ein Reiterhof. „Dort ist es einfach wunderschön, der Hof ist wunderbar gelegen“, berichtet Bettina Warnecke, die die Familie und das Anwesen von Besuchen etwa zum runden Geburtstag und zur Goldenen Hochzeit kennt.
Johann Peter Kratz interessiert sich privat sehr für Geschichte, als Presbyter war er zudem auch in der Kirchengemeinde aktiv. „Schade ist es, wenn Dokumente etwa durch Wasser Schäden erhalten.“ Daher hätten er und seine Frau überlegt, was einmal mit ihrem Archiv geschehen soll, und sich für die Leihgabe ab die Stadt entschieden. „Das war für uns eigentlich kein Problem, wir haben es gern gemacht.“
Als erste Eigentümerfamilie ist die Familie Forsthoff fassbar. Deren Tochter heiratete 1681 Johannes Benninghofen. Um das Jahr 1840 wurde der Hof von Johann Peter Kratz, dem Urgroßvater des heutigen Johann Peter Kratz, übernommen. Seine Schwiegermutter Anna Maria Birschel war eine geborene Benninghoven. Als Wohnorte von Johann Peter Kratz zuvor lassen sich die Heidberger Mühle in Haan und der Hof Hemgesberg in Gruiten nachvollziehen.
In den Dokumenten verdeutlichen Rechnungsbücher und ein vermutlich aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammendes Notizbuch mit einem Ledereinband mit Rezepten zur Behandlung von Krankheiten das ländliche Leben. Die Archivalien zur Ablösung von Zehnten genannten Abgaben zeigen exemplarisch die Entwicklung der mit Abgabeleistungen belasteten Höfe der Bauern zu Bürgern und Steuerzahlern auf.
„Die bisher älteste kommunale Überlieferung im Stadtarchiv Haan setzt vereinzelt für Haan 1834 und für Gruiten 1847 ein“, informiert Bürgermeisterin Bettina Warnecke. „Dass wir nun so alte Dokumente, noch dazu so zahlreich, erhalten, ist wirklich großartig.“ Eine stadthistorische Besonderheit stelle besonders der Nachlass des Accessors Johannes Benninghofen dar. Er hinterließ 61 teilweise amtliche Unterlagen von 1808 bis 1815 aus seiner Tätigkeit bei der französischen Mairie (Bürgermeisterei) Haan des seit 1808 von Napoleon regierten Großherzogtums Berg. Briefe, Rechtsdokumente, Erb- und Heiratsverträge sowie Testamente in einem Tagebuch, all das befindet sich in der Dauerleihgabe.