Denkmalerhalt Klärwerk will ab 1. September öffnen

Meinung S 14 · Die großen Betonrampen in der großen Klärhalle sind verschwunden. Das Sägeblatt von einem Meter im Durchmesser hat ganze Arbeit geleistet. Die Betoneinhausungen waren in den 1970er-Jahren gemeinsam mit den Schneckenpumpen eingebaut worden, um das 1962 stillgelegte, einst modernste Klärwerk Deutschlands ab 1976 als profanes Pumpwerk für das neue Klärwerk am Elfrather See umzunutzen.

Christoph Becker steht in der große Klärhalle an den wieder freigelegten Kanälen, die derzeit restauriert werden.

Foto: Andreas Bischof

Christoph Becker vom „Verein zum Erhalt des historischen Klärwerks Krefeld in Uerdingen am Rhein“ baut gemeinsam mit drei Freunden mit viel Aufwand und teils Fördermitteln aus der Denkmalpflege das im Laufe der Jahrzehnte verschandelte und dem Verfall preisgegebene beeindruckende Gebäude zurück in den Urzustand. Derzeit werden die in den 1970er-Jahren zerstörten Kanaleinfassungen wieder rekonstruiert.

Die beiden Betonrampen aus den 70er-Jahren sind verschwunden

Die beiden Kanäle waren mit den Betonrampen vor fast 50 Jahren aufgefüllt worden, in denen die Schneckenpumpen eingebaut wurden. Die sind alle komplett inzwischen zurückgebaut. Derzeit werden in Handarbeit fachmännisch die zwei Rundbögen aus Kanalziegel wieder aufgemauert. „Die Ziegel sind mindestens doppelt gebrannt und halten für die Ewigkeit“, sagt Becker beim Rundgang. Die Reparatur in bauzeitlichen Materialien wird durch das Denkmalförderprogramm der Bundesregierung und des Landes gefördert.

Sechs Monate sind seit dem letzten Besuch vergangen – und seither wieder viel passiert. Die Einfassungen der Kanäle aus Granit sind von der dicken Betonschicht befreit, die runde Beton-Bodenplatte über dem Einlaufbecken direkt hinter dem Haupteingang herausgerissen, 875 kaputte Fensterscheiben in die wiederhergestellten schweren, gusseisernen Rahmen, die Unikate sind, in der Klärhalle eingesetzt.

„So wie früher betreten Besucher den ‚Palast der Hygiene‘ bald wieder durch den Haupteingang und haben von der halbrunden Plattform aus einen freien Blick aufs Grundwasser im Einlaufbecken“, erzählt Becker. Das hat die Form des Omega-Zeichens Des letzten Buchstaben des griechischen Alphabets. Er stellt einen Torbogen da und steht für das Sterben, für die letzte Lebensphase des Menschen. In dem Falle aber für den letzte Weg des verschmutzten Wassers, bevor es gereinigt und zurück in den Rhein geleitet wurde. Das Geländer für das Einlaufbecken wird von einem Metallbauer demnächst gefertigt, aber nicht von der Denkmalpflege gefördert, „weil es nur eine Nachbildung ist, nicht mehr das Original.“ Von nun an erkläre sich der Aufbau des Klärwerks bei den Führungen von selbst, ist er überzeugt.

„Bei vielem hier betreten wir Neuland“, sagt Becker, der mit seinen Freunden 2018 gemeinsam das Klärwerk gekauft hat. Auf der Suche nach der Historie des Gebäudes, nach bauzeitlichen Materialien, nach historischer Baukultur, arbeiten sie nicht nur eng mit der oberen und unteren Denkmalpflege zusammen, sondern inzwischen auch mit dem Netzwerk der internationalen Unesco-IHP-Wassermuseen. Das alte Klärwerk am Rundweg wird nicht bloß ein außergewöhnlicher Veranstaltungsort werden, sondern vor allem ein Technisches Kulturdenkmal, das die große Bedeutung des Wassers für Mensch und Umwelt verdeutlicht.

„Man darf den musealen Aspekt nicht vergessen“, so Becker. Das historische Klärwerk (1909 erbaut) ist heute eines der ältesten erhaltenen Klärwerke der Welt. Nur noch in Prag gebe es wie in Krefeld ein weiteres vollständig erhaltenes Gebäude, das andere in Franfurt am Main ist in einigen wesentlichen Teilen noch erhalten. Alle drei zeugen von höchster Baukunst und besten Materialien.

Mit dem 1. Bauabschitt will und muss der Verein bis zum 1. September fertig sein. „Dann werden wir für zwei Monate das Klärwerk im Rahmen der 650-Jahr-Feier gemeinsam mit dem Verein Haus der Seidenkultur für Veranstaltungen öffnen“, sagt Becker. Das neue Brandschutzkonzept sei bis dahin umgesetzt. In der früheren Hochwasserpumpen-Halle ist die vorgeschriebene Fluchttreppe bereits eingebaut ebenso wie die pasende Tür. „Dadurch haben wir ein gusseisernes Fenster für eine andere Stelle wieder gewonnen.“ So geht es Schritt für Schritt. Ende 2025 soll  alles fertig sein.