Gefahren des Internets im Kresch: Von wegen Schulfernsehen

Ohne pädagogischen Eifer befasst sich das Kresch mit den Gefahren des Internets.

Krefeld. Theatermacher, die mit pädagogischem Eifer vor den Gefahren des bösen Internets warnen, wandeln auf einem schmalen Grat. Auf drohend erhobene Zeigefinger reagieren Jugendliche äußerst empfindlich: Ein falscher Ton, eine oberlehrerhafte Bemerkung, eine plumpe Anbiederung - und die Glaubwürdigkeit ist dahin.

Die jungen Autoren Till und Nils Beckmann, 23 und 25 Jahre alt, sind noch sehr dicht dran an der Altersgruppe, die sie mit "Hast du ein Bild von dir?" erreichen möchten. Bei der Uraufführung am Freitag in der Fabrik Heeder entpuppte sich diese Nähe als ihr größter Trumpf. Die Dialoge klingen authentisch, die technischen Abläufe sind auf der Höhe der Zeit. Von didaktischer "Aufgemerkt"-Haltung und Schulfernsehen-Attitüde keine Spur.

Dazu tragen auch die beiden Hauptdarsteller bei: Autor Nils Beckmann als Tom und Annika Förster als Lara. Unbekümmert, manchmal einen Tick zu überdreht, geben sie mit Mitte 20 zwei glaubwürdige Teenager ab.

Lara bekommt zu Beginn des Stücks einen neuen Laptop geschenkt und begibt sich sogleich in die halbseidene Welt der Flirtchats. Dazu läuft Nirvanas "Rape Me" ("Vergewaltige mich") - hier wäre die Botschaft auch ohne Holzhammer angekommen.

Was dem Kresch Theater mit Regisseur Helge Fedder und Bühnenbildner Hans-Jörg Buschmeier hervorragend gelingt, ist die Visualisierung der Gefühlswelt Internet. Das Spielerische, das Lara entdeckt, wenn sie in die Webcam hinein ihre Mutter parodiert. Das Aufregende, wenn sie sich online zum blonden Topmodel zurecht lügt. Und natürlich das Bedrohliche, wenn der harmlose Flirt ins Pornografische kippt und Lara sich verängstigt wie ein Kind zusammengekauert.

Das Stück verschweigt nicht die süßen Versuchungen, die das Internet bereithält - und genau deshalb glaubt man ihm auch die Gefahren. Die Autoren beschränken sich dabei nicht auf das Modethema der sexuellen Übergriffe, sondern greifen auch andere Problemfelder auf: das anonyme "Dissen" eines Mitschülers, der freie Zugang zu Pornografie, das nächtelange Sucht-Surfen, die inflationäre Vernetzung mit so genannten (rein virtuellen) Freunden.

Vom erwachsenen Verteufeln solcher Auswüchse ist diese Inszenierung meilenweit entfernt - und wird wohl gerade deshalb bei den nun geplanten Schulaufführungen den einen oder anderen zum Nachdenken bringen.