Verrohung macht Sorge Konzepte schmieden gegen Gewalt im Quartier

<irwordspace style="word-spacing 0125em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Erkrath </irglyphscale></irwordspace> · Nach den Silvesterkrawallen hat der in Sandheide mit vielen Angeboten präsente Verein „füreinander“ der Stadt konkrete Hilfe bei Vorbeugemaßnahmen angeboten. Zögerliche Annäherung.

Mülltonnen wurden angezündet, Einsatzkräfte mit Böllern beworfen und mit Laserpointern geblendet – Bilanz der Silversternacht 2024/25 in Erkrath.

Foto: Feuerwehr Erkrath

Nach den erneuten und diesmal noch deutlich heftigeren Silvester-Ausschreitungen in der Sandheide hat der dort seit vielen Jahren aktive und mit zwei Kinder- und Jugendtreffs präsente Verein „füreinander“ der Stadt Hilfe bei der Entwicklung einer Kampagne für Gewaltprävention angeboten. Er möchte „eine Werteoffensive im Sozialraum Erkrath/Hochdahl starten, um der zunehmenden Verrohung der Jugendlichen unseres Stadtteils“ gemeinsam entgegenzuwirken.

Wie Vertreter des Vereins im Ausschuss für Jugendhilfe berichteten, ist eine allgemein zunehmende Gewaltbereitschaft, eben eine Verrohung Jugendlicher zu beobachten. Im Jugendcafé Cube am Sandheider Markt, das der Verein betreibt, soll es jüngst eine Auseinandersetzung gegeben haben, bei der auch Messer im Spiel waren. Anschließend musste der Rettungsdienst anrücken. Gewalt ist in Erkrath nicht ausschließlich an Silvester oder an Halloween präsent, wo sie zuletzt eskalierte. Immer wieder kommt es zu verbalen Attacken oder zu Schlägereien auf öffentlichen Plätzen. Vor allem die Sandheide, in der, wie „füreinander“ auflistet, viele Arbeitslose, Geringverdienende, sozial benachteiligte Familien und Familien mit Migrationshintergrund leben, falle immer wieder als Brennpunkt für gewaltbehaftete Auseinandersetzungen und Vorfälle auf.

Daher brauche es einen Schulterschluss innerhalb des Jugendhilfesystems der Stadt, meint „füreinander“, dessen Vertreter erhöhten und dringlichen Handlungsbedarf sehen und die Netzwerkarbeit mit Schulen, Stadt, staatlichen und weiteren Institutionen und Jugendhilfeträgern ausbauen wollen. Dafür wurde der Stadt jetzt ein Entwurf für ein Konzept vorgelegt, mit dem „füreinander“ sich für einen Zeitraum von zwei Jahren auch als Koordinator anbietet und eine Kostenkalkulation für Personal und Werbemittel in Höhe von rund 75 000 Euro vorlegt.

Doch die Stadt reagiert zurückhaltend: Der Verein leiste zwar sehr wertvolle Arbeit im Stadtteil Sandheide und sei ein wichtiger Kooperationspartner, doch es sei die Stadt, die federführend die Verantwortung für die Steuerung der Prozesse des bereits existierenden Netzwerks zur Gewaltprävention trage. An dem Netzwerk ist neben Feuerwehr, Polizei, Institutionen und Vereinen auch der Verein „füreinander“ beteiligt, der aus der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde hervorgegangen ist.

Gezielte Maßnahmen zur
Stärkung der Sicherheit

Dieses Netzwerk werde weiterhin als zentrale Plattform für eine koordinierte und langfristig wirksame Präventionsarbeit dienen, heißt es von der Stadt. Es würden gezielt Maßnahmen erarbeitet, die einen nachhaltigen Beitrag zur Stärkung der Sicherheit und des sozialen Zusammenhalts in Erkrath-Hochdahl leisten.

Sozialdezernent Michael Pfleging sprach im Jugendhilfe-Ausschuss mit Blick auf die mutmaßlichen Verantwortlichen für die Silvesterkrawalle von einer „inhomogenen Gruppe“, zu der auch Jugendliche aus anderen Städten gehörten, etwa aus Haan, die sich über soziale Medien zum Krawallmachen in Erkrath verabredeten. Es gebe innerhalb dieser Gruppe einen „harten Kern“, der andere zum Mitmachen anstifte. Ob in dieser Gemengelage sozialpädagogische Maßnahmen überhaupt greifen, zumal bei den Mitgliedern des „harten Kerns“, sei die Frage, so Pfleging. Man könne letztlich nur spekulieren, ob die von „füreinander“ ins Spiel gebracht Netzwerk-Offensive in der Größenordnung einer bezahlten halben Stelle mehr Effektivität in der Sache bringe oder nicht.

Zuvor hatte Pfleging mitgeteilt, dass die Sicherheitsbehörden sich beim nächsten Mal noch einmal ganz anders aufstellen wollen. Das sei die klare Botschaft von Landrat und Kreispolizei. In der vergangenen Silversternacht hatte sich die Polizei noch darauf konzentriert, die Feuerwehr während der Löscharbeiten vor Angriffen zu schützen – mehr war mit zwei Mannschaftswagen der Kreispolizei nicht zu machen gegen eine Gruppe von rund 100 zumeist jungen Randalierern.

Die Politik zeigte sich im Ausschuss aber letztlich angetan von einer stärkeren Einbeziehung des in der Sandheide gut vernetzen „füreinander“-Vereins. Der Stadt fehle Personal für ein intensiviertes Konzept und jeder Versuch, frühzeitig und vorbeugend anzusetzen, mache sich letztlich bezahlt, hieß es etwa von den Grünen. Der Verein sei nah an den Jugendlichen im Quartier und repräsentiere auch nicht die Obrigkeit, gegen die einige Jugendliche offenbar mit ihren Angriffen rebellieren wollten. Auch die BmU hält vertiefte Sozial- und Jugendarbeit für nötig: Es könne nicht verkehrt sein, wenn „füreinander“ als Basisarbeiter mit gutem Namen unterstütze, was nicht am Geld scheitern sollte.

Beschlossen wurde schließlich auf Anregung von BmU und Grünen, dass die Stadt bis zur nächsten Ausschusssitzung im März beide Konzepte zusammenfügen möge und für das laufende Jahr 40 000 Euro in den Haushalt mit Sperrvermerk eingestellt werden – von der Politik freizugeben, sobald das gemeinschaftliche Konzept vorliegt und beschlossen ist. Dezernent Pfleging zeigte sich allerdings skeptisch, ob es gelingen könne, bis dahin ein mit allen Beteiligten abgestimmtes Konzept vorzulegen. Gelingt es nicht, sei das Projekt wohl beerdigt, zumindest für das laufende Jahr, sagte Reinhard Knitsch (Grüne).