Ratingen: Die alltäglichen Irrfahrten
Der Weg zu einer sinnvollen Beschilderung ist noch weit. Viele Probleme sind noch ungelöst, auch die Finanzierung ist ungewiss.
Ratingen. Alles muss raus! Was sich nach Räumungsverkauf anhört, scheint beim Thema Straßenschilder in Ratingen das Allheilmittel zu sein. Zu alt, zu viele, zu verwirrend, zu lückenhaft, zu unsystematisch. Das war die ernüchternde Bilanz von Ralf Kaulen, der im Stadtentwicklungsausschuss das Schilderkonzept seines Planungsbüros zur Wegweisung in Ratingen vorgestellt hatte (wir berichteten).
Seit 40 Jahren wuchert der Schilderwald vor sich hin. Mal werden defekte Schilder ersetzt, mal nicht. Mal werden neue Hinweistafeln aufgestellt, mal nur einzelne Ergänzungsschilder angeschraubt. Ordnungs- und Tiefbauamt versuchen dabei, die schlimmsten Sünden auszubügeln - mit mehr oder weniger Erfolg. Für tiefgreifende Änderungen fehlte bislang jedoch ein vernünftiges Konzept.
Ein solches konnte Kaulen zwar präsentieren, doch steckt wie so oft auch hier der Teufel im Detail: So stellt sich die Frage, wie man bei Hinweisen auf die Ortsteile den Stadtnamen Ratingen abkürzen soll: mit "Rtg." oder mit "RAT"? Der Verweis auf D für Düsseldorf (D-Rath) oder E für Essen (E-Kettwig) zieht nicht, weil Ratingen eben kein eigenes, einprägsames Autokennzeichen hat. Aber eine einheitliche Regelung muss sein.
Noch ungelöst ist auch die Frage, wie auf touristische Besonderheiten hingewiesen werden soll. Der Vorschlag des Planungsbüros, mehrere Ziele zu einem "Bereich" zusammenzufassen, stieß im Ausschuss prompt auf Widerstand.
Als Ortsfremder hatte Ralf Kaulen den "Freizeitbereich Cromford" als Beispiel angeführt, in dem - für Einheimische nicht nachvollziehbar, für Auswärtige wenig transparent - Angerbad, Blauer See, Museum Cromford, Auermühle und Altes Landgericht gebündelt werden sollen. Alfred Dahlmann (Bürger Union) forderte, dass wichtige und häufig angesteuerte Ziele wie Eissporthalle, Stadthalle, Blauer See, und Stadion unbedingt mit eigenen Schildern ausgewiesen werden müssten.
Diese Forderung berührt einen weiteren Knackpunkt der Beschilderung: Wie viele Schilder sind überhaupt nötig? Kaulen vertrat da eine klare Position: Qualität statt Masse. "Viel hilft nicht viel - im Gegenteil." Derzeit seien im Stadtgebiet zu viele Ziele auf zu vielen Schildern schlecht positioniert.
Da Verkehrsteilnehmer nur eine begrenzte Menge an Informationen verarbeiten können, sollte es maximal drei Hinweise pro Fahrtrichtung geben, maximal zehn an einem Verkehrsknoten. In der Stadt gibt es aber auch Tafeln, auf denen bis zu 14 Fahrtziele aufgelistet sind.
"Es muss ein gründliches Umdenken einsetzen", weiß Barbara Arndt, Leiterin des Ordnungsamtes. Man müsse sich von dem Gedanken verabschieden, dass alles auch überall ausgeschildert sein müsse. "Im Düsseldorfer Süden findet man auch kein Schild für die LTU-Arena."
Vor der Umsetzung eines neuen Schilderkonzeptes muss überhaupt definiert werden, was man eigentlich will. Dazu soll ein Arbeitskreis mit verschiedenen Fachämtern, Polizei und Feuerwehr gegründet werden. Geklärt werden muss auch eine Vielzahl technischer Fragen: Wohin mit den Schilderbäumen? Wo können Vorwegweiser aufgestellt werden?
Es warten allerdings noch weitere Hürden: Zuerst muss das Verkehrskonzept für die Innenstadt verabschiedet werden. Dann soll das jetzt vorgestellte Schilderkonzept in allen Bezirksausschüssen beraten werden, und schließlich ist die Finanzfrage mit dem Kämmerer zu klären. Denn zum Spartarif gibt es keine vernünftige Lösung. Wahrscheinlich ist ein mittlerer siebenstelliger Betrag.