Ratingen: Ein Großer zieht andere an
Bei der Ansiedlung neuer Unternehmen spielen viele Faktoren eine Rolle. Ratingen hat mit großen Namen dabei besonders gute Karten.
Ratingen. Der Teufel macht immer auf den größten Haufen. Dieses Sprichwort ist vielleicht den Wirtschaftsförderern in den Nachbarstädten in den Sinn gekommen, als sie erfuhren, dass sich nach Nokia nun auch Coca-Cola in der Nähe von Esprit und Balcke-Dürr in Ratingen niederlassen wird.
Für Dirk Schäfer ist die Ansiedlung des Getränkekonzerns dagegen eine logische Folge. Schäfer und sein Partner Jens Reich sind Geschäftsführer der Immobilienberatungsgesellschaft Anteon, die auch in Ratingen aktiv ist. "Bei der Vermarktung von Gewerbeflächen ist ein Ankermieter das Nonplusultra." Will heißen: Wo schon ein renommiertes Unternehmen angesiedelt ist, dort folgen andere leichter nach.
Das gelte besonders für das Filetstück unter Ratingens Gewerbeflächen - das "Place4" auf dem ehemaligen Balcke-Dürr-Gelände. Schäfer sieht in Ratingen Esprit als solchen Ankermieter, auch wenn er nicht direkt auf diesem Gelände angesiedelt ist. "Da reicht auch der Dunstkreis." Tatsächlich haben sich danach die Deutsche Bank (in der früheren Balcke-Verwaltung), IT-Firmen und kürzlich Nokia niedergelassen, Coca-Cola wird folgen.
Der Ankermieter müsse oft Pionierarbeit leisten. Umgekehrt entwickele sich aber mit der ersten Top-Adresse auch die Infrastruktur weiter, die für nachfolgende Interessenten oft ausschlaggebend ist. Denn neben einer ausgezeichnete Verkehrsanbindung wird immer mehr Wert auf die so genannten weichen Standortfaktoren Wert gelegt - etwa Angebote für die Mitarbeiter (Kultur, Sport, Freizeit, Schulen).
Vor diesem Hintergrund ist der Gewerbesteuerhebesatz in einem etwas anderen Licht zu sehen. Schäfer: "Die Gewerbesteuer ist natürlich ein sehr wichtiger Faktor, aber für Ansiedlungen oft nicht der entscheidende." So wäre die Stadt Langenfeld, die mit niedrigeren Hebesätzen als in Ratingen um Unternehmen buhlt, bei Coca-Cola nicht zum Zuge gekommen. "Die liegen zu weit weg vom Dunstkreis der ganz großen Namen", weiß Schäfer. Fachleute wissen zudem, dass oft auch ganz banale Gründe den letzten Ausschlag geben: Dann wird nämlich dort angesiedelt, wo die Chefs wohnen möchten.
Die aktuelle Diskussion über neue Gewerbeflächen in Ratingen wird in Schäfers Branche übrigens aufmerksam verfolgt. Das umstrittene Gebiet in Tiefenbroich hält er für "nicht sehr ideal", weil die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr unbefriedigend sei. Verweise auf bestehende Leerstände seien dagegen auch nicht überzeugend: "In Ratingen gibt es relativ wenig Leerstand. Und das sind vor allem ältere Objekte, die umfassend saniert werden müssten, um sie in Sachen Technik auf den aktuellen Standard zu bringen."
In den nächsten beiden Jahren werde die Nachfrage nach Gewerbeflächen leicht zurückgehen. Die Immobilienexperten raten dennoch dazu, jetzt in die Startlöcher zu gehen und neue Gebiete vorzubereiten. "Spätestens 2011 oder 2012 steigt der Bedarf wieder spürbar an."