Ratingen: Eine Ehre für den, der sich eintragen darf
Tradition: Es ist mehr als nur ein Gästebuch des Rathauses – das Goldene Buch der Stadt.
Ratingen. Von wegen, "Goldenes Buch". So sehr man auch sucht, es findet sich kein Krümel Edelmetall an dem dicken Wälzer. Nur die metallenen Winkel, die den schweren Ledereinband schützen, glänzen etwas. Dennoch hütet die Stadtverwaltung ihr Goldenes Buch wie einen Schatz.
Schließlich steckt darin ein ordentliches Stück Ratinger Geschichte. Seit das Buch im Dezember 1969 angeschafft wurde, dokumentiert es, welche namhaften oder honorigen Gäste im Rathaus waren.
Bürgermeister Harald Birkenkamp hat einigen von ihnen selbst die Hand geschüttelt. Wenn er im Goldenen Buch blättert, kommen die Erinnerungen hoch. Da ist zum Beispiel das Bild, auf dem sein Amtskollege aus dem chinesischen Xishan neben ihm steht, die Urkunde der Städtepartnerschaft in der Hand, die Tinte darauf ist noch nicht trocken. "Das war ein tolles Ereignis", schwärmt Birkenkamp.
War denn die Bundeskanzlerin schon da? "Nein, aber das wäre auch kein Highlight", meint der Bürgermeister und lacht. Sicher: Käme Angela Merkel nach Ratingen, dann würde ihr auch eine Seite im Goldenen Buch reserviert. Es wäre aber schon die dritte. Denn Merkel hat im Laufe der Jahre bereits als Familienministerin unterschrieben - und als CDU-Vorsitzende.
Sie ist in guter Gesellschaft. Minister und Ministerpräsidenten hat das Buch schon Dutzende gesehen, auch die Gouverneure aus Süd-Dakota (USA), Botschafter, Konsule, Bürgermeister der Partnerstädte, Staatssekretäre, dazu Bischöfe und Präsides, Spitzensportler und Weltklasse-Musiker.
Doch Vorsicht: Der Eintragende beehrt nicht die Stadt. Es ist umgekehrt, meint Birkenkamp: "Der Eintrag ist eine Ehre." Wer dieses Privileg bekommt, entscheidet er ganz allein. Allenfalls auf Anregung von außen. "Die Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese? Nein. Zusammen mit Heidemarie Wieczorek-Zeul - ja", gibt er ein Beispiel für seine Kriterien.
Neu, wenn auch nicht erst seit Birkenkamps Amtsantritt, ist die Gepflogenheit, auch verdienten Ratingern einen Platz im Goldenen Buch zu geben. So ist Heinz Hülshoff zu der Ehre gekommen, nachdem er die "Närrische Hitparade" im WDR gestürmt hatte. Oder Jörg Roßkopf, nachdem er 1996 Bronze bei den Olympischen Spielen holte. "Über manches kann man natürlich streiten", räumt Birkenkamp ein.
So richtig locker und herzlich geht es im Goldenen Buch eher selten zu. Dafür ist der Akt dann doch etwas zu förmlich. Den Mut zu munteren Einträgen haben da allenfalls die Polit-Routiniers. Bärbel Höhn etwa kritzelt ganz unbefangen: "Ein wunderschöner Anlass hat mich nach Ratingen geführt: Ich habe heute meinen ersten Birnenbaum gepflanzt."
Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm zeichnet seinen Namen lieber, als ihn zu schreiben. Darüber gibt er den Ratingern mit auf den Weg: "Der Mensch ist wichtiger, als die Sache."
Demnächst wird Ratingen übrigens zwei Goldene Bücher haben. Dem ersten gehen nämlich, nach mehr als 40 Jahren, die freien Seiten aus. Vielleicht ist an seinem Nachfolger ja sogar ein bisschen Gold zu finden.