Ferienalphabet – S wie Segelboot Kempener macht alte Boote zu neuen Schätzen

Kempen. · Christopher Funger betreibt eine Bootswerft in Kempen. Am liebsten restauriert der 55-Jährige alte Schätze.

 Christopher Funger mit seinen Gesellen Julia Poppinga und George Close in seiner Bootswerft im Kempener Industriegebiet.

Christopher Funger mit seinen Gesellen Julia Poppinga und George Close in seiner Bootswerft im Kempener Industriegebiet.

Foto: Norbert Prümen

(emy) Das fast acht Meter lange Segelboot in Christopher Fungers Werft erhält gerade seinen „Refit“. Unter anderem wird die Elektrik auf den neuesten Stand gebracht, dazu wird der Innenraum neu eingerichtet und alles repariert, was sonst noch anfällt. Der 55-Jährige macht aus alten Booten neue Schätze. „Es ist viel Arbeit und kostet viel Anstrengung, aber es ist auch sehr befriedigend“, sagt Christopher Funger über seinen Beruf. Als Fachfremder hat er die Werft vor anderthalb Jahren von seinem Bruder übernommen.

Segel- und Motorboote, Yachten und Jollen – in Fungers Werft kommt, was auf dem Wasser schwimmt und eine Sanierung braucht. Als Kind segelte der Hülser auf dem Königshütte-See, hatte eine kleine Jolle, „zum Spaß haben“, wie er berichtet. In den Ferien ging es an die Ostsee, wo die Familie ein Segelboot charterte. Beruflich trieb es Christopher Funger zunächst in eine ganz andere Richtung. Er machte eine Tischlerlehre und absolvierte danach eine pädagogische Ausbildung. Viele Jahre lang arbeitete er als Heilerzieher mit behinderten Menschen.

Sein Bruder Sebastian eröffnete währenddessen 1998 die Werft im Kempener Industriegebiet, erst an der Verbindungsstraße, dann zog er in eine rund 300 Quadratmeter große Halle am Industriering Ost. Mit seinen Tischlerkenntnissen packte Christopher Funger immer mal wieder mit an, und als sein Bruder Ende 2018 an die Ostsee zog, um dort in einer Werft zu arbeiten, übernahm der 55-Jährige den Betrieb des Bootsbaumeisters.

Christopher Funger beschäftigt derzeit zwei Gesellen und einen Auszubildenden, im August fängt ein zweiter Azubi bei ihm an.

Christopher Funger und seine Mitarbeiter bauen keine Boote, sie reparieren und restaurieren sie. Fünf bis sechs können sie parallel betreuen, meist ist eines davon ein Langzeitprojekt. So wie jenes, das derzeit unter einer blauen Folie versteckt ist.

Das Motorboot von 1960 ist eine Adler 1. „Ein Klassiker“, sagt Christopher Funger und blickt liebevoll auf das Boot. 9,5 Meter ist es lang und wiegt rund 1,5 Tonnen. Gebaut wurde es aus Mahagoni mit Eichenplanken. Der Werftinhaber bezeichnet es als „Oldtimer“, „heutige Motorboote sehen dagegen aus wie Raumschiffe“.

Vor gut zweieinhalb Jahren kam die Adler 1 in die Kempener Werft. „Es stand nur noch die Rumpfschale“, erinnert sich der 55-Jährige. Ein Ehepaar hatte es gekauft und zu ihm gebracht. Christopher Funger und seine Mitarbeiter erneuern es komplett, jetzt fehlen nur noch Fahrsessel und ein Innenschrank. Gesellin Julia Poppinga aus Goch mag es, bei ihrer Arbeit genau sehen zu können, was sie am Ende des Tages geschafft hat. Über ein Schulpraktikum ist die heute 26-Jährige in der Funger-Werft gelandet, „da ist der Funke übergesprungen“, sagt sie. Bei ihrer Lossprechung im Januar 2017 war sie als einzige Frau zugleich die Prüfungsbeste.

Viel verdienen könne sie mit ihrem Beruf zwar nicht, sagt die 26-Jährige, aber dafür gehe sie jeden Tag mit Freude zur Arbeit. In ihrer Ausbildung hat sie ein 7,60-Meter-Boot gebaut. „Das war eine tolle Erfahrung“, berichtet sie. Allerdings habe sie sich der Restauration verschrieben. „Die ist erfüllender als ein Neubau“, sagt Julia Poppinga. „Es ist wie Leben einhauchen.“

Bootfahren ist ein kostspieliges Hobby. Alleine die Kosten für eine Restauration können im sechsstelligen Bereich liegen. Die 26-Jährige hat einen Trend bemerkt: „So viel Platz wie möglich für so wenig Geld wie möglich“, sagt sie. Dabei stoße man natürlich an Grenzen. Christopher Funger: „Wir versuchen, uns von anderen durch Qualität abzusetzen.“ Sein derzeitiger Azubi wird in einem halben Jahr seine Abschlussprüfung antreten. Der zweite Auszubildende, der bald in der Kempener Werft beginnt, ist für Christopher Funger ein großes Glück. Lange suchte er nach einem passenden Bewerber für die Stelle. „Es ist eine Katastrophe, Nachwuchs zu finden“, sagt der 55-Jährige. Einige könnten nicht im Team arbeiten, den meisten fehle das handwerkliche Geschick. Wer bei Christopher Funger weiterkommen will, muss während des Praktikums ein Paddel nach Anleitung bauen. „18 von 20 haben es nicht geschafft“, sagt der Werftinhaber. Einen der zwei anderen davon hat er genommen.

Im Frühjahr soll das Motorboot unter der blauen Folie wieder zu Wasser gelassen werden. Der Inhaber möchte es bis zur Adria segeln, dort auf einen Lkw laden und zum Gardasee bringen lassen, erzählt Christopher Funger. Nach unzähligen Stunden der Restauration muss er sich dann schweren Herzens von dem Boot verabschieden.