Bauarbeiten im Franziskanerkloster in Kempen Orgel in der Paterskirche weiterhin nicht nutzbar

Kempen · Durch die Baustelle im Kulturforum Franziskanerkloster ist auch der Zugang zur Orgelempore nicht möglich.

 Ute Gremmel-Geuchen, künstlerische Leiterin der Kempener Orgelkonzerte, an der Tür zur Propsteikirche. Die Orgel in der Paterskirche ist aktuell nicht nutzbar.

Ute Gremmel-Geuchen, künstlerische Leiterin der Kempener Orgelkonzerte, an der Tür zur Propsteikirche. Die Orgel in der Paterskirche ist aktuell nicht nutzbar.

Foto: Norbert Prümen

(biro) Ein weltweit gefragter Künstler hätte am Sonntag, 27. August, ein Konzert in der Kempener Paterskirche geben sollen: Erwin Wiersinga ist Dozent für künstlerisches Orgelspiel an der Universität der Künste in Berlin und am Prins Claus Conservatorium im niederländischen Groningen. Dort, in der Martinikerk, ist Wiersinga Organist der berühmten Schnitger-Orgel aus dem 17. Jahrhundert. Von dort hätte Wiersinga gewissermaßen auch die Musik mit nach Kempen gebracht: Norddeutsche Orgelmusik von Weckmann, Buxtehude, Böhm und Reincken sowie einige Werke von Bach hätte Wiersinga in der Paterskirche präsentieren wollen. „Musik, die bestens geeignet ist, die König-Orgel nach ihrem ungewollten Dornröschenschlaf wiederzuerwecken“, heißt es in der Vorschau für die neue Saison der Kempener Orgelkonzerte.

Doch daraus wird nun nichts. Das Konzert fällt aus, Wiersinga hat abgesagt, weil er nicht in der Paterskirche wird spielen können. Das musste Ute Gremmel-Geuchen, künstlerische Leiterin der Kempener Orgelkonzerte, nun mit sichtlicher Enttäuschung mitteilen. Sie, die auch Organistin der Kempener Paterskirche ist, kann die Entscheidung Wiersingas nachvollziehen. Denn die Orgel in der Paterskirche sei zwar eine Rekonstruktion, klinge aber wie eine barocke Orgel. Und das mache sie für viele Organisten so interessant.

„Die modifizierte Stimmung führt dazu, dass bestimmte Akkorde besonders scharf oder dissonant klingen“, sagt Gremmel-Geuchen. Und das hätten natürlich auch die Komponisten der Zeit gewusst, ihre Werke entsprechend geschrieben. Deshalb sei es nicht das Gleiche, wenn man das Konzert etwa in die Propsteikirche verlege: „Die Orgel in der Propsteikirche ist von 1979. Sie ist auch gut, aber eben modern. Die barocke Musik ist auf einem besonderen Instrument viel reizvoller.“

 Das Archivbild zeigt Ute Gremmel-Geuchen in der Paterskirche. Hinter ihr die König-Orgel, die sie aktuell aufgrund von Bauarbeiten nicht erreichen kann.

Das Archivbild zeigt Ute Gremmel-Geuchen in der Paterskirche. Hinter ihr die König-Orgel, die sie aktuell aufgrund von Bauarbeiten nicht erreichen kann.

Foto: Emily Senf

Das Kulturforum Franziskanerkloster wird schrittweise modernisiert. Die barocke Klosteranlage stammt aus dem 18. Jahrhundert. Zunächst gab es Renovierungsarbeiten im Erdgeschoss, in dem sich auch die Paterskirche befindet. Dann war die erste Etage an der Reihe. Nach einem Jahr ist man dort nicht fertig. „Nach heutigem Stand der Dinge sollen die Arbeiten im ersten Obergeschoss des Kulturforums im Bereich der Ausstellung und des Verwaltungstraktes bis Ende des Jahres abgeschlossen sein“, teilt die Stadt Kempen auf Anfrage mit. Aufgrund der aktuell bekannten Situation mit Lieferproblemen und Personalengpässen im Handwerk sei es auch bei diesem Projekt zu Verzögerungen gekommen.

Nun ist zwar weder die Paterskirche selbst noch die Orgel von den aktuellen Renovierungsarbeiten betroffen. Doch aufgrund der Baustelle darf die Orgelempore nicht betreten werden, es kann also kein Organist hinauf – auch Gremmel-Geuchen als Organistin der Paterskirche nicht. Von Bürgermeister Christoph Dellmans (parteilos) haben sie ein Schreiben erhalten, so Gremmel-Geuchen, in dem dieser erklärte, warum die Orgel nicht gespielt werden kann: Wollte man sie nutzen, müsste man Fluchtwegeleuchten und seitliche Leitelemente installieren, damit man bei starker Rauchentwicklung im Brandfall flüchten könnte. „Die Installation von Fluchtwegeleuchten ist ein durchaus erheblicher Aufwand, den ich nicht betreiben möchte“, so Dellmans.

Aufgrund von Lieferschwierigkeiten von verschiedenen Baumaterialien könne er keine verbindliche Zusage zur Fertigstellung der Umbauarbeiten machen. Er bitte um Verständnis, dass er eine Nutzung der Orgel vermutlich bis Jahresende nicht zusagen könne.

Die Entscheidung des Bürgermeisters könne sie verstehen, da sich dieser auf eine gutachterliche Einschätzung stütze, so die Kempenerin, „er kann kein Risiko eingehen.“

Was sie hingegen nicht verstehe: dass die Bauarbeiten so lange dauerten. Sie sorgt sich um den Zustand der Orgel: „Es kann sein, dass sich die Spielmechanik etwas verzieht, und die Stimmung wird nicht mehr gut sein“, fürchtet sie.

Doch das seien Vermutungen, „ich weiß es nicht, es kann ja gut gehen. Aber es ist nicht ideal, wenn ein Instrument nicht gespielt wird.“ Sie sagt auch: „Mir fehlt die Orgel total. Ich sehne mich nach ihren Klängen.“

Bis zum Jahresende muss der Verein nun alternative Aufführungsorte für weitere Konzerte finden, die in der Paterskirche geplant waren, also für das Konzert mit dem französischen Organisten Xavier Eustache, das für den 11. November anlässlich der Feierlichkeiten zur 50-jährigen Städtepartnerschaft zwischen Kempen und Orsay in der Paterskirche geplant war, und für ein Konzert zum Ersten Advent mit dem Düsseldorfer Chor Ars cantandi und Ute Gremmel-Geuchen.

2024 sollen Orgelkonzerte in der Paterskirche wieder möglich sein. „Es ist beabsichtigt, auf jeden Fall ab Anfang kommenden Jahres die Zugänglichkeit zur Orgelempore sicherzustellen, um dann auch wieder die Orgelkonzerte zu ermöglichen“, teilte die Stadt auf Anfrage mit.

Andrea Vannucchi, ein Experte für altitalienische Musik, und Yves Rechsteiner, ein französischer Organist, sollen dann im Mai und Juni in der Paterskirche zu hören sein.