Verbot: Blauer Dunst als rotes Tuch
Die Diskussion ums Rauchen sorgt für Ärger bei Wirten und Gästen. Vieles ist noch unklar.
Kempen. Seit Anfang des Monats reicht ein Reizwort, um die Gemüter zu erregen: das Rauchverbot. "Das ist doch absoluter Schwachsinn!", schimpft ein Gast im Bärlin´s und zieht an seiner Zigarette. Die Freunde, allesamt Nichtraucher, denken ähnlich: Sie halten das Gesetz für "total übertrieben".
Drei Tage lang war die Gaststätte "Bärlin’s", Judenstraße8 von Wolfgang Beeren rauchfrei, seitdem aber nutzt der Gastronom wieder die Möglichkeit, das Rauchen in einem seiner Gasträume zu gestatten.
Eine andere Lösung hat Wirtin Agnes Frieters vom "Markttreff" am Viehmarkt gefunden: Hier stehen Nichtraucher wie Horst Kampe und Michael Hendricks vor der Tür und atmen tief durch. "Zum Bier gehört die Zigarette", sagt die überzeugte Nichtraucherin. 80Prozent ihrer Gäste rauchen, weswegen die Kneipe seit dem ersten Juli offizieller "Rauchclub" ist. Kampes Augen tränen, der Hals kratzt. Und trotzdem: Stammkneipe bleibt Stammkneipe.
Thekenkraft Jessica vom "N.T. News" an der Peterstraße26 begrüßt den Nichtraucherschutz: "Als Asthmatikerin lässt es sich so viel besser arbeiten", sagt die junge Frau. Thekengast Peter war gerade in München und ist dort gleich fünf Raucherclubs beigetreten: "Sonst wäre ich nicht in die Diskos reingekommen", berichtet er.
Hier im Bistro wird getrunken, gespielt - und bis vor kurzem wurde noch gequalmt. "Das ist ein Anti-Kneipen-Gesetz", sagt Wirt Theo Nikolaidis. Es zerstöre die Stimmung und mindere den Getränke-Umsatz; auch nach 22Uhr müssen Raucher raus, da sei es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Beschwerden wegen Ruhestörung kommen.
"Sporthotel"-Chef Hans-Peter Friedrichs hält für den deutschen Hotel- und Gaststättenverband dagegen: "In NRW haben wir ein gastronomiefreundliches Gesetz bekommen", meint er. Einzig die Einraumkneipen seien benachteiligt, "da sind viele von betroffen", weiß er.
Wer sich nicht ans Rauchverbot hält, muss mit einem Bußgeld von bis zu 1000 Euro rechnen. Ulrich Eckerleben, Leiter des Kempener Ordnungsamtes, sagt dazu: "Wir werden Kontrollen durchführen, aber erst einmal das Gespräch mit den Wirten suchen. Viele Gastronomen haben sich bereits im vorhinein informiert, aber auch ihr Leid geklagt."
Nicht so Heike Krust vom "Stradivari", St.Huberter Straße20, im Haus Berg. In der neu eingerichteten Raucherlounge sollen sich ihre Gäste "sauwohl" fühlen zwischen Stehtischen, Ledercouch und Fernseher.
Auch der "Kulturbahnhof" am Bahnhof1 soll früher oder später Raucherclub werden, das Gesetz bevormunde die Wirte, meint Frank Tophoven. "Erst mal abwarten" beruhigt Daniel Sahni vom "Comix", Peterstraße27. In einem Punkt sind sich jedoch alle einig: In Restaurants stört der blaue Dunst. "Da ist das Gesetz sinnvoll", meinen auch Raucher wie Jürgen Pascher und Bernd Eidenammer.