Lüttelforster Schützen wollen Nicht-Christen aufnehmen

Die Bruderschaft bietet aus der Kirche Ausgetretenen eine Gastmitgliedschaft an. Außerdem sollen bald auch homosexuelle Mitglieder König werden können.

Foto: Busch

Kreis Viersen. Der Muslim Mithat Gedik geriet Mitte 2014 bundesweit in die Schlagzeilen — als er der König der St.-Georg-Schützenbruderschaft im westfälischen Sönnern bei Werl wurde. Der Volltreffer auf den Vogel löste eine heftige Debatte bis in die Spitze des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS) aus, die nun ihren Niederschlag in einem „Orientierungsrahmen“ findet. Und demnach können künftig auch Nicht-Christen Mitglied der Bruderschaften sein, sofern „diese sich glaubhaft zu den Zielen der Bruderschaft bekennen“. Auch aus der Kirche Ausgetretene müssen nach einer Mitteilung des Bundes „nicht mehr fürchten, die katholische Schützengemeinschaft verlassen zu müssen“. Das soll am 14. März beschlossen werden.

Wie vor gut zwei Jahrzehnten, als es um die Aufnahme von Frauen in den „Männerverein“ Bruderschaft ging, ist die St. Jakobus-Schützenbruderschaft in Schwalmtal-Lüttelforst wieder ihrer Zeit voraus. Denn sie änderte in der jüngsten Jahreshauptversammlung ihre Satzung und fügte schon das ein, was in anderen Bruderschaften noch diskutiert wird. Allerdings nennt Präsident Thomas Kimmel dafür eher praktische Gründe als den großen ideologischen Überbau.

Ein ziemlich heftiger Streit mit der Institution Kirche um den Verkauf eines Grundstücks zur Erweiterung einer Sandgrube hat im Dorf Wunden hinterlassen, etliche Lüttelforster verließen die Kirche verärgert: „Uns geht es darum, möglichst viele Menschen am Dorfgeschehen zu beteiligen und sie nicht auszuschließen.“ In dem 600 Einwohner-Dorf sei die Bruderschaft mit 175 Mitgliedern eine wichtige Organisation. Im übrigen sei mit der angebotenen Gastmitgliedschaft die Einschränkung verbunden, dass diese Mitglieder nicht dem Vorstand angehören oder nicht die Königswürde erwerben dürfen. In anderen Bruderschaften, hat Kimmel gehört, werde dies schon unter der Hand ohne Satzungsänderung praktiziert.

Mit der Gastmitgliedschaft hat Diakon Franz-Josef Cohnen (Dilkrath), Präses der Bruderschaften im Bezirk Brüggen-Schwalmtal, „kein Problem, denn man darf niemanden von der Freude und dem Feiern ausschließen“. Bei den „Kirmesschützen“ werde dies schon halbwegs praktiziert: Sie marschieren bei Festen mit, ohne Mitglied zu sein. Gastmitglieder, betont er, müssten sich aber an die Regeln der christlichen Bruderschaft halten. Mit dem vom BHDS zugesandten Orientierungsrahmen und seinem noch weiter gehenden „Öffnungsprozess“ will sich der Bezirksvorstand in der kommenden Woche befassen. Er rechnet mit einer kontroversen Diskussion, denn seiner Meinung nach „müssen wir uns nicht für alle und jeden öffnen“.

Thomas Kimmel, Präsident

Unterschiedliche Meinungen hat gerade noch Franz Rosenberger auf einer Tagung mit dem Diözesanpräses Monsignore Norbert Glasmacher erlebt. Der Bundesmeister des Schützenbezirks Brüggen-Schwalmtal, der auch einer der stellvertretenden Diözesanbundesmeister ist, meint zu der umstrittenen Aufnahme oder Duldung von aus der Kirche Ausgetretenen: „Man soll ja Christen wieder zum Glauben führen.“ Die Diskussion sei sehr kontrovers verlaufen, die Meinungen waren hinterher „sehr geteilt“.

Auch im Vorstand des Bezirks Niederkrüchten ist der Orientierungsrahmen eingehend diskutiert worden. Wie dessen Präses, der Niederkrüchtener Pfarrer Alexander Schweikert, berichtet, kann man sich mit der Aufnahme von Ex-Katholiken nicht einverstanden erklären. „Wer ausgetreten ist, kann nicht Mitglied sein“, stellt er eindeutig fest. Eine „Gastmitgliedschaft“, wie sie in Lüttelforst beschlossen wurde, kann er sich schwerlich vorstellen, einem Mitglied müssten alle Rechte zugebilligt werden — und auch alle Pflichten. „Jedes Mitglied muss König werden können, aber das kann keines sein, das nicht der Kirche angehört“, fasst er die Meinung des Bezirksvorstandes zusammen.

Seit Jahrzehnten schon muss nicht jedes Mitglied einer Bruderschaft katholisch sein. „Im Geiste der Ökumene haben die Mitglieder christlicher Konfessionen in den Mitgliedsbruderschaften die gleichen Rechte und Pflichten“, heißt es in der gegenwärtigen BHDS-Satzung. Doch im Satz zuvor wird von ihnen auch das „Eintreten für die katholischen Glaubensgrundsätze und deren Verwirklichung“ verlangt. Diese Sätze finden sich fast wortgleich in den Satzungen aller Bruderschaften.