Politik in Nettetal Nach den Ferien verschärftes Warmlaufen fürs Wahljahr 2025

Nettetal · Halb Nettetal macht Urlaub – auch die Politik hat Ferien. Die jüngsten Sitzungen des Rates und seiner Ausschüsse vor der Sommerpause deuten darauf hin: Nach den Ferien werden die Auseinandersetzungen wohl schärfer werden.

Nettetals Ratssaal: In der zweiten Jahreshälfte wird sich der Blick immer mehr auf die Wahl in 2025 richten.

Foto: Stadt Nettetal

Auch Bürgermeister brauchen Urlaub. Christian Küsters, Vater zweier noch schulpflichtiger Töchter, nimmt ihn wie viele andere Familienväter derzeit in den Schulferien. Erholung tanken ist bestimmt keine schlechte Idee, denn im Sommer 2025 Ruhe zu finden, wird womöglich schwieriger. Denn im Herbst nächsten Jahres wird nicht nur ein neuer Stadtrat gewählt. Dann entscheidet sich auch, ob die Wähler Küsters eine zweite Amtszeit schenken. Zur Wahl stellen will er sich jedenfalls, das hat er schon Ende vergangenen Jahres im Gespräch mit unserer Redaktion unmissverständlich klar gemacht. Vom Wahlkampf mit Plakaten und Ständen in den Fußgängerzonen sind die Parteien zwar noch weit entfernt. Doch in jüngster Zeit hat sich abgezeichnet, dass die Parteien bereits daran arbeiten, ihr Profil zu schärfen und herauszukehren. Nach der Devise: Ein bisschen Warmlaufen für 2025 kann nicht schaden.

Um nur ein, aber besonders signifikantes Beispiel zu nennen: Grüne, SPD und auch die FDP haben sich 2020 darauf geeinigt, den Grünen Küsters zum gemeinsamen Kandidaten für das Bürgermeisteramt zu küren, um eine Neuauflage der Amtszeit von Christian Wagner (CDU) zu verhindern. Ende Juni 2024 war es dieselbe FDP, die gemeinsam mit der CDU einen Antrag stellte: Die Arbeit der von Küsters geführten Stadtverwaltung solle von externen Dienstleistern durchleuchtet werden, um Optimierungs-Möglichkeiten auszuloten. Keineswegs ein Mißtrauens-Votum, das einen sofortigen Rücktritt des Bürgermeisters erfordern würde. Aber neben dem möglichen Sach-Nutzen, das Verbesserungs- und Sparpotenziale entdeckt werden könnten, könnte eine solche Überprüfung der Verwaltungsarbeit auch den politischen Nebennutzen haben, 2025 – gegebenenfalls und bei Bedarf – im Rennen um den Bürgermeisterposten Munition für Kritik am Amtsinhaber zu liefern.

Lockerungsübungen von Koalitions- oder Kooperationspartnern in Parlamenten gehören nun mal umso intensiver zum Geschäft, je näher der nächste Wahltermin rückt und Eigenprofil gefragt ist. Sie werden aber auch nötig, weil sich zwischen zwei Wahlen die Welt verändert. Waren die Grünen 2020 auf der Welle allgemeinen Zuspruchs surfend auch bei der Kommunalwahl in Nettetal mit 21,5 Prozent höchst erfolgreich, läuft es seit dem Mitmischen der Partei in der Ampel-Regierung im Bund für die Grünen allgemein weniger rund – vorsichtig formuliert. Bei der Europawahl im Juni erhielt die Partei in Nettetal nur noch 10,81 Prozent. Auch wenn eine Europawahl etwas anderes ist: Gegen den allgemeinen Trend anzukämpfen, wird für die Grünen in den kommenden Monaten auch auf der lokalen Ebene schwer werden.

Das Abschneiden der Grünen ist deshalb interessant, weil es ab einer gewissen Untergrenze die Frage aufwirft: Mit welchen Partner könnte die schon jetzt zweitstärkste Fraktion im Rat, die CDU, 2025 zusammenarbeiten, wenn es für ein Ampel-Bündnis dann nicht mehr reicht. Reicht es dann für die Christdemokraten, mit der FDP zu kooperieren, die ja schon mal Lockerungsübungen vorgeführt hat? Und was ist mit der WIN? Kann die dann Zünglein an der Waage sein, wie sie selbst wohl hofft? Im Weg stehen könnte dabei allerdings, dass die WIN in den vergangenen Jahren nicht nur oft gegen den Stachel gelöckt hat, sondern das mitunter auch mit ziemlicher Schärfe tat – auch der CDU und deren Fraktionsvorsitzenden Jürgen Boyxen gegenüber.

Für Wallungen hat auch die AfD in Nettetal gesorgt, allerdings vor allem durch Abwesenheit. Denn den Sitzungen der Ratsgremien bleiben die AfD-Vertreter meist fern. Selbst als einmal ein Antrag zur Sicherheit im Ingenhovenpark behandelt wurde, den die AfD gestellt hatte, kam kein Vertreter dieser Partei zur Sitzung. Ein Verhalten, das den übrigen Parteien, die sich der Arbeit in den Gremien unterziehen, öfters schon übel aufgestoßen ist. Die Frage, wie viele Stimmen die AfD trotz dieser Abstinenz 2025 in Nettetal bekommen wird, ist ebenfalls aus momentaner Sicht eine erhebliche.

Und dann wären da noch ein paar spannende Personalfragen. Allen voran die, welche Kandidaten für das Amt des Bürgermeisterkandidaten in den Ring steigen, insbesondere von der CDU. Ein Mensch mit Berufserfahrung in einer Stadtverwaltung (Kamp-Lintfort) ist beispielsweise Axel Witzke, der auch in jüngster Zeit im Nettetaler Stadtrat und in Ausschüssen auffallend oft für die CDU das Wort ergreift und führt. Andererseits wird sich die CDU womöglich auch einen neuen Fraktionsvorsitzenden suchen müssen. Denn der Inhaber dieses Amtes, Jürgen Boyxen, ist in einem Alter, in dem man es schon mal ruhiger angehen darf. Vielleicht auch ein Job für Philipp Heks, der unter den jungen Mitgliedern der CDU-Riege heraussticht? Heks hat im September 2021 als 27-Jähriger bereits das Amt des Parteivorsitzenden in Nettetal übernommen und ist Mitglied des Kreistags.

Ende des Lesens im Kaffeesatz. Die Welt und damit die Rahmenbedingungen für Politik können sich täglich ruckartig verändern, wie Pandemie, Ukraine-Krieg und Flüchtlings-Zustrom in den vergangenen Jahren vorgeführt haben. Darum schließen wir mit Blick auf 2025 mit den Worten des letzten deutschen Kaisers: „Schau’n mer mal“.