Stadt Viersen: Durcheinander bei transparentem Haushalt

Eine Software soll den Stadt-Etat besser darstellen. Über den Entwicklungsstand eines Programms gibt es verschiedene Meinungen.

Foto: Reichartz

Viersen. Wie viel kostet jeden Viersener Einwohner die Stadtbibliothek? Mit wie viel Geld wird jeder Besucher der Festhalle bezuschusst? Wie haben sich die Kosten für die Schülerbetreuung entwickelt? Solche Zahlen lassen sich aus Viersens Haushalt nicht herauslesen — noch nicht. Im Stadtrat stimmte jetzt eine Mehrheit für einen FDP-Antrag, der mehr Transparenz im Haushalt fordert. Allerdings: Es könnte wohl durchaus 2019 werden, bis es so weit ist. Kämmerer Norbert Dahmen machte deutlich, dass ein transparenter Haushalt nicht zu Mehrarbeit fürs städtische Personal führen dürfe — das sah Viersens Politik ähnlich.

Gegenfrage der CDU auf den Hinweis, dass an einem Programm gearbeitet werde,

Die FDP hatte als Beispiel die Stadt Meerbusch genannt. In der 55 000-Einwohner-Stadt im Rhein-Kreis Neuss gibt es seit mittlerweile vier Jahren für nahezu jeden Haushaltsbereich Kennzahlen — von den Kosten der Straßenbeleuchtung pro Einwohner bis hin zu den unterschiedlichen Kosten, die ein Kind in den verschiedenen Kindertagesstätten verursacht. „Es war allerdings auch verdammt viel Aufwand, dieses System zu entwickeln“, berichtet Meerbuschs Kämmerer Helmut Fiebig.

Viele Wochen seien zahlreiche städtische Mitarbeiter mit dem Thema befasst gewesen. In Meerbusch werden die entsprechenden Kennzahlen händisch in Excel-Tabellen eingetragen. „Hat man das Grundgerüst einmal erarbeitet, müssen die einzelnen Produktgruppen gepflegt werden. Das ist deutlich weniger Aufwand“, berichtet Meerbuschs Kämmerer. „Trotzdem, auch das kann man nicht mal eben zwischen Suppe und Mittagessen erledigen.“

Bei der Erstellung des Viersener Haushaltes setzt die Stadt auf eine IT-Lösung des Kommunalen Rechenzentrums Niederrhein (KRZN). „Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich dort mit der Problematik des transparenten Haushaltes seit Jahren“, erklärte Viersens Kämmerer Dahmen im Stadtrat, was zu einer verdutzten Nachfrage vonseiten der CDU führte: „Wenn da seit Jahren dran gearbeitet wird, warum gibt es noch keine Ergebnisse?“, wollte der Fraktionsvorsitzende Stefan Sillekens wissen.

Beim Rechenzentrum ist man über die Aussage des Kämmerers irritiert: „Das KRZN hat ein Produkt entwickelt, um Kennzahlen auf einzelne Sachverhalte darzustellen“, erklärt KRZN-Sprecher Kaspar Müller-Bringmann. „Die entsprechende Software nennt sich ProVIS — sie wird allerdings von der Stadt Viersen nicht eingesetzt.“ Mit Extra-Kosten sei diese Software nicht verbunden. „Sie ist im Entgelt enthalten, das die Stadt ohnehin für die Dienstleistungen des Kommunalen Rechenzentrums zahlt“, sagt Müller-Bringmann. Aufbereitet würden die Daten mit einer IBM-Geschäftsanalyse-Software namens Cognos.

Weshalb setzt die Stadt Viersen dieses System nicht ein? Im Gespräch erklärte Kämmerer Dahmen gestern: „Meines Wissens ist die Software ganz frisch entwickelt. Ich fürchte, dass sie uns nur zum Teil weiterhilft, weil auch sie nicht völlig automatisiert arbeitet.“ Im Dialog mit der Politik müsse zunächst „vernünftiges Kennzahlensystem“ definiert werden, so Dahmen. „Ziel kann ja nicht sein, Zahlenfriedhöfe zu erstellen.“

Die FDP sei fest entschlossen, am Ball zu bleiben, erklärte Parteivorsitzender Frank a Campo: „Wenn so ein Instrument da ist, sollte es auch eingesetzt werden.“