Fußball: Mit fliegenden Fahnen

Zur EM haben wieder viele Autofahrer ihre schwarz-rot-goldenen Fähnchen ausgepackt. Aber nicht nur die.

Willich/Tönisvorst. Früher war es nur dem Bundespräsidenten vergönnt. Doch spätestens seit der WM vor zwei Jahren ist auch Horst Köhler froh, "dass ich nicht mehr der einzige bin mit einer Flagge am Auto". Pünktlich zum EM-Start haben wieder viele Autofahrer ihr Deutschland-Fähnchen hervorgeholt, aus dem Straßenbild sind die schwarz-rot-goldenen Fan-Bekundungen nicht mehr wegzudenken.

Kurt Barths hat sich extra ein neues Fähnchen zugelegt. "Bei der WM hat mir das alte jemand kaputt gebrochen." Frust über die damalige Halbfinalniederlage gegen Italien? Wer weiß, aber diesmal soll es für die deutsche Elf auf jeden Fall weiter gehen. "3:1 tippe ich gegen Kroatien", sagt der Willicher, fährt los und das Landessymbol flattert im Wind.

Sollte Deutschland wider erwarten doch früher die Segel streichen, ist es ihm egal. "Das Fähnchen bleibt dran." Auch Stefan Timmermanns ist wieder im Flaggen-Fieber. "Das mache ich jetzt alle zwei Jahre automatisch." Patriotismus ist "in".

Häufig gibt es sogar die Doppelbeflaggung. "Ich bin Türke, aber lebe in Deutschland. Klar, dass ich dann zwei Fähnchen anstecke." Sefer Erdogan ist großer Fußball-Fan - und Realist. Lukas Podolski und Co. traut er mehr zu als den Bosporus-Kickern. "Die können auf jeden Fall Europameister werden. Da würde ich die Türken natürlich auch gern sehen, aber es wird sehr schwer."

Auch ein Landsmann von ihm hat doppelt geflaggt. Seinen Namen will er aber nicht nennen. Vielleicht, weil er mit dem türkischen Team hart ins Gericht geht: "Keine Disziplin, keine Ordnung - da fehlt ein deutscher Trainer." Den passenden Nationalcoach hat er auch in petto: "Christoph Daum wäre ideal."

Wer nicht fährt, muss auf seine Flagge nicht verzichten. Auch zahlreiche Wohnungen und Häuser sind geschmückt. Einige Hausbesitzer haben sich sogar einen Mast in den Vorgarten gesetzt.

Begeisterung allenthalben? Nicht ganz. Es gibt auch Fußball-Fans, die sich dem Trend widersetzen. Stellvertretend spricht ein Willicher: "Bei der WM im eigenen Land war das ja noch okay mit den Fahnen. Aber jetzt, wo die EM bei den Ösis stattfindet, finde ich das Quatsch." Die meisten stört das aber nicht. Kurt Barths, Stefan Timmermanns und all die anderen werden bei der WM 2010 in Südafrika wieder die Fahnen auspacken.