Tradition nach Maß in Willich Im Willicher Uniformhaus entstehen Unikate

Willich · Im Willicher Uniformhaus kann man nicht nur Uniformen für Schützenfeste, Karneval oder St. Martin leihen, sondern auch echte Maßanfertigungen kaufen. Warum manche Prinzenpaare gerne bereit sind, bis zu 9000 Euro für ihre Gewänder auszugeben.

Inhaber Jörg Becker (links) und Mitarbeiter Rainer Jakobs mit dem Prinzenornat des ehemaligen Mönchengladbacher Oberbürgermeisters.

Foto: Norbert Prümen

Kronleuchter an den Decken, waldgrüne Wände, St. Martins-Helme als Dekoration. Das Uniformhaus in der Willicher Kreuzstraße ist stolz auf seine Tradition, das spiegelt sich auch in der Inneneinrichtung wieder. Im Verkaufsraum findet man neben der hauseigenen Stickmaschine auch die Oberteile der Verleihuniformen. Feinsäuberlich auf Kleiderstangen gereiht warten sie darauf, von Schützengruppen ausgeliehen zu werden.

„Für die Schützenuniformen haben wir unsere Stammkundschaft“, erklärt Inhaber Jörg Becker, „Karnevalsuniformen werden seltener ausgeliehen, sie sind deutlich häufiger Maßanfertigungen“ Den Arbeitsaufwand dafür schätzt er auf etwa 15 bis 20 Stunden. „Aber je mehr Details, desto länger dauert es natürlich.“ Denn im Uniformhaus würden die Stücke exakt den Wünschen der Kunden entsprechend gefertigt. Zunächst wird bei einem persönlichen Termin die Designvorstellung besprochen und Maß genommen. Das ist nach wie vor Chefsache. Anschließend gehen die Angaben an die Teamleiterin der Maßschneiderei. Sie schneidet den Stoff zu, angepasst an die Maße und Vorstellungen des Kunden. Das Zusammennähen ist dann Aufgabe einer einzelnen Schneiderin.

In der Schneiderei nebenan arbeiten vier Mitarbeiterinnen

In der direkt neben dem Geschäft liegenden Schneiderei werden vier Schneiderinnen beschäftigt. „Wir sind sehr familiär“, betont Jörg Becker, „Das liegt auch daran, dass wir sorgsam auswählen. Die Fähigkeiten müssen unserem hohen Standard entsprechen, aber auch das menschliche Miteinander.“ Hier könne sich jeder auf den anderen verlassen. „Wir werden oft weiterempfohlen, aufgrund unserer Qualität müssen wir eigentlich keine eigene Werbung machen.“ Das Uniformhaus sei bereits bis November ausgebucht.

Im Frühjahr werde überwiegend an den Uniformen für die nächste Schützenfestsaison gearbeitet. „Mit Karnevalsuniformen beginnen wir im Juni, spätestens im August sollten die Maße genommen werden“, erklärt Becker. Wenn es sich um Gardetänzer handle, gebe es genaue Vorgaben für die Uniform. Bei einem Prinzenornat, dem mehrteiligen Outfit des jährlichen Regenten, fiele die künstlerische Freiheit größer aus.

Den Unikatwert eines Ornats oder einer Uniform spiegelt auch die Auswahl der Stoffe wider. „Wir arbeiten mit einer Weberei aus Bayern zusammen, eine der letzten ihrer Art. Die Stoffe beinhalten kein Polyester, was sie deutlich angenehmer zu tragen macht.“ Dies sei wichtig für öffentliche Auftritte des Trägers. „Man schwitzt weniger, fühlt sich generell wohler. Vor vielen Menschen zu reden, kann eine große Herausforderung sein. In einer perfekt sitzenden Uniform, die auch angenehm zu tragen ist, fällt es leichter, vor eine Menschenmenge zu treten.“

An einer der Kleiderstangen im Verkaufsraum hängt das Oberteil eines besonderen Ornats. Blauer Samt, mit einem eigens für diesen Prinzen entworfenen Ornament, einem verschnörkelten, aufgestickten Muster. „Die Stickereien waren ein großer Aufwand“, erzählt Jörg Becker, „Sie werden am Ärmel entlang immer kleiner.“ Auf der Brust prangt das Wappen Mönchengladbachs. Denn der Karnevalsprinz, der sich das Ornat hat schneidern lassen, ist niemand geringeres als Norbert Bude, ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach. Der SPD-Politiker bekleidete von 2004 bis 2014 das Amt. In der Session 2016/2017 wurde er dann zu „Prinz Norbert dem Ersten“ proklamiert.

Das Foto von ihm und seiner Partnerin hängt, neben einigen anderen, direkt am Eingang des Geschäfts. Im Sommer 2024 sah ein niederländischer Karnevalsprinz in spe das Bild und war sich sicher: Dieses Ornat, mit genau diesen gestickten Ornamenten soll es auch für ihn werden. „Natürlich in einer anderen Farbe, aber das Design bleibt das gleiche.“ Verraten, welcher Prinz die Stickereien in der nächsten Session tragen wird, möchte Becker nicht, „Das darf keiner vorher wissen, die sind da ein wenig eigen.“

Eine Aussage, die ein weiteres Mal unterstreicht, wie wichtig die Ornate und Uniformen für die Karnevalisten sind. Und weshalb bis zu 9000 Euro in Ornat und Kleid eines Prinzenpaares fließen. „Es ist wie ein Hochzeitskleid. Nur dieses eine Mal im Leben ist man Prinz oder Prinzessin, da soll es besonders sein.“