Willich. Fast bis unter die Decke reichen die Bücherregale in den Räumen von Cash & Raus an der Bahnstraße 87. "Wir haben etwa 1000 gebrauchte Bücher - einige davon haben wir speziell für den Aktionstag aus den anderen Filialen geholt", sagt Michael Müller, Leiter des Willicher Geschäftes, das genau heute vor einem Jahr erstmals die Türen öffnete.
Anlässlich dieses kleinen Jubiläums haben Müller und sein 22-köpfiges Team einen Schwerpunkt auf Bücher gelegt, um neue Kunden anzulocken. Zwischen 75 Cent und zwei Euro kosten die Schmöker in dem besonderen Laden.
Martina Marz, Kundin
Besonders deshalb, weil dort Menschen mit sozialen Schwierigkeiten als Ein-Euro-Kräfte arbeiten und so schrittweise in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Kirchlicher Träger ist die gemeinnützige Dienstleistungs-GmbH SKM.
Für kleines Geld werden in dem Geschäft nicht nur Bücher, sondern gebrauchte Gegenstände aller Art verkauft, die Willicher dem Laden zuvor gespendet haben. Ob Schrankwände, Sessel, Hemden, Porzellan, Spiele oder Schallplatten - auf zwei Etagen bietet der Laden ein buntes Sammelsurium. Auch Haushaltsauflösungen werden angeboten und Möbelspenden vor Ort abgeholt.
Doch nach einem Jahr gibt es erst wenige Willicher, die das Geschäft überhaupt kennen. "Unser Angebot wird noch nicht so gut angenommen", resümiert der Filialleiter das erste Geschäftsjahr. Noch trage sich der Laden nicht selbst. Das liege vor allem daran, dass das Geschäft kein Geld für Werbung habe und nicht gewinnorientiert arbeite - alle Einnahmen fließen zurück in das Arbeitslosenprojekt.
Aber auch wenn noch nicht so viele den Laden zum Kramen und Kaufen entdeckt haben: "Die Bereitschaft der Willicher, Dinge zu spenden, ist enorm", freut sich Müller.
Unterdessen schiebt Mitarbeiter Mario Henning einen gerade gespendeten Schrank durch das Ladenlokal. Er ist seit fast einem Jahr bei Cash & Raus beschäftigt. "In drei Wochen muss ich gehen, denn nach einem Jahr ist Schluss", sagt der 43-jährige Ein-Euro-Jobber. So schreibt es die Arbeitsagentur für Willicher vor.
Ein bisschen komisch ist dem gelernten Maurer schon bei dem Gedanken, bald nicht mehr regelmäßig arbeiten zu können. "Spätestens nach zwei Wochen wird mir die Decke auf den Kopf fallen", sagt er. "Hier bin ich unter Leuten und habe eine Menge Abwechslung. Außerdem merke ich schon, dass ich 144 Euro mehr in der Tasche habe", sagt der Familienvater. Die Chancen für eine reguläre Anstellung als Maurer stünden schlecht. "Bei der Arbeitsagentur wurde mir gesagt, dass man mit 43 oder 44 schon zu alt ist", erzählt Henning. Für ihn war das Arbeitsprojekt eine Bereicherung.
"Ich finde es gut, dass arbeitslose Menschen hier beschäftigt werden", sagt Kundin Martina Marz. Sie ist zum ersten Mal in das Geschäft an der Bahnstraße 87 gekommen. "Außerdem gibt es genügend Familien, die wenig Geld haben und die hier das Richtige finden." Marz selbst stöbert gerne in Secondhandläden. "Die haben ein ganz anderes Flair als die großen Konsumtempel", findet sie. "Das Kramen ist wie eine kleine Schatzsuche."