Schiefbahn: Kleine Rache an den Nazis

Zeitgeschichte: Im Schiefbahner Gymnasium sprach der jüdische Autor Schraga Har-Gil.

Schiefbahn. Als Lehrer Ulrich Freischlad vor ein paar Jahren eine Lesung in der Willicher Buchhandlung besuchte, lud er den vorlesenden Autoren Schraga Har-Gil gleich ins St. Bernhard Gymnasium ein. Der 81-jährige stellte damals ein Buch vor, in dem er seine Kindheitserinnerungen festgehalten hatte.

1926 in Würzburg geboren, wuchs er als jüdisches Kind im später nationalsozialistischen Deutschland auf. Für Freischlad war das, "eine gute Chance, einen Zeitzeugen an unsere Schule zu holen. Er hat miterlebt, was wir allenfalls aus Büchern kennen".

Die Stufe Zehn des Gymnasiums hatte am Mittwoch die Gelegenheit, seinen Zeitzeugenberichten zu lauschen. Zusammen mit seiner Frau Ulla Gessner war er aus Tel Aviv angereist und besuchte die Schule. Schon vor einem Jahr hatte Har-Gil hier über seine Erinnerungen an den Holocaust erzählt.

Die Schüler hörten gespannt zu, als er sehr liebenswürdig und lebensnah seine Geschichten erzählte. So zum Beispiel, dass man ihn, ein jüdisches Kind, schon im Kindergarten nicht auf dem Gruppenfoto haben wollte.

"Die Erzieherin kam zu mir und sagte: Du, dreh dich um, dein Gesicht wollen wir nicht sehen. Du bist ein schlechtes Kind", erinnerte er sich. "Als mein Vater das Bild später bekam, wurde ihm erzählt ich sei ein frecher Bengel und hätte mich einfach weggedreht."

1933 rächte sich der siebenjährige Har-Gil an den Nazis. Eines Tages stand er auf dem Balkon im dritten Stock seiner Wohnung und musste dringend mal für kleine Jungs. "Da sah ich den Briefträger kommen, der auch noch ein großes Hakenkreuz auf der Brust trug. Also habe ich einfach auf ihn gepinkelt". Er lächelt und scheint sich auch heute noch über seine Attacke zu freuen.

Auch die Schüler im Forum lachten und waren von seinem Vortrag beeindruckt. "Es ist toll, so etwas einmal direkt zu hören und nicht immer nur aus Büchern zu lernen", sagte Sven (16).

Schulleiterin Margret Peters betonte den Anspruch, an ihrer Schule historisches Bewusstsein zu schaffen: "Die persönliche Begegnung ist sehr wichtig für die Schüler, deswegen freue ich mich über den Besuch." Auch Schraga Har-Gil schien viel Spaß zu haben. Vielleicht kommt er ja nächstes Jahr wieder.

Wer bis dahin mehr über sein Leben erfahren möchte, der kann seine Bücher lesen. Derzeit beendet er die Arbeit an seinem dritten Band, voll mit Erinnerungen seines aufregenden Lebens.