Vorst: Wahlkampf „live“ am Kap

Die Vorsterin Barbara Bormann hält sich für ihre Magisterarbeit in Südafrika auf. Dort arbeitet sie für eine Oppositionspartei.

Vorst. Vor drei Wochen habe ich das kalte Deutschland verlassen, um am anderen Ende der Welt bei 30 Grad und Sonnenschein anzukommen. Ich bin wieder in Kapstadt. Anderthalb Jahre ist es her, dass ich dort war, um mein Auslandssemester an der University of Cape Town zu verbringen. Dieses Mal bleibe ich allerdings nicht sechs Monate, sondern "nur" sechs Wochen, um für meine Magisterarbeit zu recherchieren und ein Praktikum bei einer Oppositionspartei zu machen.

Die Democratic Alliance (DA) ist das südafrikanische Gegenstück zur deutschen FDP. Ähnlich wie in Deutschland wird in Südafrika in diesem Jahr das Parlament neu gewählt - allerdings schon am 22. April und nicht erst im September.

Ich bin hier, um den Wahlkampf live mitzuerleben. Da liegt der Vergleich mit dem deutschen Wahlkampf natürlich nahe. Auf den ersten Blick fallen zuerst ganz klassische Plakate auf, die die Parteien an Laternen und Strommasten aufgehängt haben - wenig anders als in Deutschland.

Aber schon nach wenigen Tagen im Büro der Partei, wo die Kampagne organisiert wird, wird mir klar, was der Unterschied ist: Immer wieder werden Plakate von den Anhängern gegnerischer Parteien systematisch heruntergerissen - in Tönisvorst kommt so etwas eher selten vor. Jeden Tag fahren Teams durch die Städte und sorgen dafür, dass beschädigte Plakate ersetzt werden.

Zum ersten Mal ist in diesem Jahr auch Wahlwerbung im südafrikanischen Fernsehen zugelassen. Aber nur der regierende ANC und die DA konnten es sich leisten, Spots zu drehen und Sendezeit zu kaufen, während in Deutschland auch noch die kleinste Partei ein Recht darauf hat, im TV gezeigt zu werden.

Aber da auch längst nicht alle Südafrikaner einen Fernseher haben, müssen die Parteien auf andere Methoden zurückgreifen. Das massenhafte Verteilen von Flyern gehört dazu, aber auch sogenanntes "Tür-zu-Tür-Werben", bei dem jeder, vom lokalen Ratsherr der Gemeinde bis zum Parlamentsabgeordneten, in seinem Wahlbezirk bei registrierten Wählern anklopft und mit ihnen über die anstehende Wahl spricht. Also - bei mir hat Uwe Schummer jedenfalls noch nie vor der Tür gestanden und mich daran erinnert, dass ich wählen gehen soll!

Und dann gibt es noch "Events" - das können Gemeindetreffen mit ihrem lokalen Ratsherr sein, aber auch richtige Großveranstaltungen mit einigen tausend Zuschauern. Da tanzt dann schon mal Helen Zille, die - übrigens deutschstämmige - Bürgermeisterin von Kapstadt, unter dem Jubel der DA-Anhänger im Township über die Bühne. Ungeschlagen ist dabei aber der ANC, dem es gelingt, problemlos ganze Fußballstadien zu füllen.

Eines fällt jedoch direkt auf: Wahlkampf in Südafrika ist wesentlich "hemdsärmeliger" als in Deutschland - die Spitzenkandidaten sind eher in Jeans und T-Shirt unterwegs als im Anzug.

Und die Anhänger der verschiedenen Parteien gehen schon mal etwas "ruppiger" zur Sache, bis hin zu vereinzelten Ausschreitungen und Gewalt.

Das ist mit dem Kommunalwahlkampf in NRW dann nicht mehr zu vergleichen! So etwas passiert aber in Südafrika eher auf dem Land als hier in der Stadt. Mir passiert also nichts, wenn ich mein DA-T-Shirt trage.