Kleiderkammer der Caritas in Anrath „Was wir anbieten, muss würdig sein“

<irwordspace style="word-spacing 025em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Anrath</irglyphscale></irwordspace> · Seit Neujahr gilt eine neue EU-Richtlinie für Altkleider. Diese müssen nun im Altkleidercontainer entsorgt werden, ungeachtet ihres Zustands. Gemeinnützige Organisationen fürchten eine Flut von unbrauchbaren Textilien. Ein Besuch bei der Caritas in Anrath.

Ute Siegmund (l.) und Maria Pickhardt suchen aus den angelieferten Altkleidersäcken die noch brauchbaren Stücke heraus.

Foto: Norbert Prümen

Im Flur des Caritas-Hauses in Anrath stehen bereits neue Säcke bereit. Ute Siegmund, Leiterin des Teams, nimmt sich den ersten und trägt ihn in den Sortierraum. Eine Mitarbeiterin zieht eine Anzugshose aus dem Sack. Jedes Teil schaut sie sich genau an. „Hier ist der Schritt gelb angelaufen, das geht an die Malteser“, sagt sie und legt die Hose in einen anderen Sack. „Wir geben die Kleidungsstücke weiter, die noch nicht kaputt sind, aber auch nicht mehr schön“, erklärt die Vorsitzende der Caritas Anrath, Gerda Welzkes. „Die Malteser sortieren ein weiteres Mal. Für die Möglichkeit sind wir sehr dankbar, wir hätten sonst ein Entsorgungsproblem.“

Eine neue Richtlinie der Europäischen Union verpflichtet Verbraucher, sämtliche Alt-Textilien von Neujahr an in den Altkleidercontainer zu geben und nicht mehr im Haushaltsmüll zu entsorgen. Ziel ist es, Müllmengen zu reduzieren und mehr zu recyceln. Doch viele gemeinnützige Organisationen haben weder die Möglichkeit direkt zu recyceln, noch die unbrauchbaren Teile zu Recyclingstationen zu bringen. Dafür fehlen sowohl Kapazitäten als auch Angebote der Kommunen.

„Es wird nicht bedarfsgerecht gespendet, das muss man leider sagen. Weit über die Hälfte der Kleidungsstücke ist schmutzig oder kaputt, das können wir für unseren Laden nicht verwerten. Und es ist gut möglich, dass die Qualität weiter leidet. Die Verordnung könnte für eine Schwemme an unbrauchbaren Teilen sorgen“, sagt Siegmund. „Was wir anbieten, muss würdig sein“, ergänzt die zweite Teamleiterin Maria Pickhardt.

Betritt man den Laden, sind links bunte Kinderschuhe in Regalreihen zu sehen. Rechts ist feinsäuberlich sortiert und gefaltet Kleidung für die Kleinen. „Bei Kinderkleidung und Wäsche sucht eine Mitarbeiterin die Teile für die Kunden. Bei Selbstbedienung wäre es ein zu großer Aufwand, alles ordentlich zu halten“, erklärt Siegmund. Die restlichen Kleidungsstücke hängen auf Bügeln im großen Verkaufsraum. Auch Umkleiden befinden sich hier. Die Preise richten sich nach der Kategorie des Kleidungsstücks. So kostet jede Jacke vier Euro, ungeachtet der Größe oder Marke. Auch Haushaltsgegenstände füllen
Regale.

Aus den Einnahmen des Ladens werden die monatlichen Nebenkosten bezahlt. Die Immobilie gehört der Gemeinschaft der Gemeinden Willich, weshalb keine Miete anfällt. Der erwirtschaftete Überschuss wird gespendet. „Wir versuchen, viel in Anrath zu spenden, aber auch über den Tellerrand hinauszuschauen“, erzählt Pickhardt.

Wöchentlich kämen zwischen 70 und 100 Kunden. Der Kundenkreis des Caritas-Hauses sei breit gefächert. „Es kommen nicht nur Bedürftige. Vielen ist auch der nachhaltige Aspekt des Second-Hand-Kaufs wichtig. Wir sprechen grundsätzlich eine Einladung an jeden aus“, betont Welzkes. Einige Stammkunden kämen bereits seit Jahren. Häufiger vorbeizuschauen lohne sich: „Hier bleibt kein Teil lange. Es kommt jeden Tag neue Ware, wir sortieren häufig um.“ Dies passiere auch saisonbedingt. Im Januar und Februar hängen die Karnevalskostüme an den Kleiderstangen, im Lager befinden sich bereits Osterdeko und Sommeroberteile.

Nachgefragt werde jede Art von Kleidungsstück. Was jedoch wenig gespendet werde, sei Männer-Freizeitbekleidung. Alte Anzüge kämen häufig, doch an Jeans und T-Shirts würde es fehlen. „Die Männer tragen ihre Klamotten so lange, bis sie wirklich ausgedient haben“, vermutet Siegmund. „Frauen wechseln häufiger ihre Garderobe.“ Ein Problem der vergangenen Jahre sei deshalb auch Fast Fashion. „Einmal waschen und die Klamotten sind hin“, bemängelt Pickhardt.

Der Container vor der Haustür werde täglich geleert. Hilfreich für die Caritas-Frauen sei es, neben der Qualität der Kleidung auch auf die der Säcke zu achten. „Dünne Säcke reißen schnell, häufig schon im Container. Und wenn wir zusätzlich Kartons holen müssen, um lose Teile zu transportieren, ist das sehr aufwendig.“

Bis zu neun Ehrenamtliche helfen zu sortieren und zu verkaufen, teilweise schon seit über 20 Jahren. So wird Arbeiten zum Treffen unter Freundinnen, das gemeinsame Frühstück der Frauen hat Tradition. Währenddessen wird die Tür einen Spalt breit offengelassen. Falls neue Säcke ankommen sollten oder eine Kunde bedient werden möchte.