Premiere: Der Hochstapler ist Mensch

„Der Hauptmann von Köpenick“ am Theater bewegt, regt und strengt an.

Mönchengladbach. Anstrengend, richtig anstrengend ist "Der Hauptmann von Köpenick" von Carl Zuckmayer am Theater in Rheydt. Die Inszenierung von Thomas Goritzki verlangte dem Premieren-Publikum viel ab. Unbegreiflich zunächst der Klamauk, zu dem die Figuren scheinbar verkamen. Der echte Hauptmann, der Bürgermeister, dessen Frau, der Gefängnisdirektor, der Prokurist, die Bahnbeamten. Die meisten der Figuren, die der Hauptmanns-Uniform und dem arbeitslosen Schuster Wilhelm Voigt auf dem Weg zueinander begegnen, sind hässlich und grell. Wie aus einem Gemälde von George Grosz oder Otto Dix, überzeichnet, die Karikatur als reine Fratze.

Dazu die Musik - laut. Entweder von Band, dann dröhnt die Toccata von Bach ohrenbetäubend, oder vom Schlagzeug, das über der Bühne thront, einen unbarmherzigen Takt vorgibt oder das Chaos markiert. Der Zuschauer hat keine Chance, sich dem Bühnengeschehen zu entziehen, Distanz zu entwickeln, sich gepflegt unterhalten zu lassen. Aber das ist auch nicht die Aufgabe von Theater. Es soll Geschichten lebendig werden lassen, und das ist geglückt.

Einzig Wilhelm Voigt bleibt Mensch. Zwar einer mit einer verkorksten Biographie, aber mit humanen Wertmaßstäben - "erst der Mensch . . . und dann die Menschenordnung!" Sven Seeberg spielt ihn mit einer großen inneren Kraft zwischen Trostlosigkeit und Trotz, zwischen Verzweiflung und Rebellion. Die anderen Rollen sind weniger dankbar, doch nicht minder anspruchsvoll, zumal jeder Schauspieler in mehreren auftritt.

Die Bühne ist eine Bergwerks-kaue, der Bezug zur Gegenwart, die ihre Menschlichkeit der Wirtschaftlichkeit opfert. Eine Inszenierung, die trifft. Das ist anstrengend.