Pro Familia: Gladbachs Jugendliche wissen zu wenig über Sex

Der Verein, der mangelnde Aufklärung beklagt, blickt auf 30 Jahre Arbeit in der Stadt zurück.

Mönchengladbach. Es sind die selben Themen wie eh und je: Um Fragen zu Schwangerschaft, Sexualität und Verhütung geht es bei pro familia. Der Verband, seit 30 Jahren in Gladbach, berät, wo Hilfe gebraucht wird, und klärt auf, wo Mangel besteht.

"Wir gehen zum Beispiel in die Schulen und reden mit den Jugendlichen", erklärt Sexualpädagoge Jürgen Heintzenberg im Rahmen des Jahresberichts.

Der Aufklärungsunterrricht findet getrennt nach Mädchen und Jungen statt. "Wenn wir gemischte Gruppen hätten, wäre das Schamgefühl zu groß, offen zu reden", so Heintzenberg. Während Mädchen vor allem Fragen zu Schwangerschaft und Verhütung hätten, kämen Jungen eher auf pornographische Themen zu sprechen.

"Eine Aufklärung im Elternhaus findet eher selten statt", bedauert Heintzenberg. Das Wissen über Verhütung sei beispielsweise nur "grob" vorhanden.

"Für die meisten Jugendlichen sind Zärtlichkeiten oder Küssen nicht so wichtig. Ihnen geht es um den reinen Sex", sagt pro familia-Leiterin Janina Horn-Tilke. Durch das Internet hätten Jugendliche einen einfachen Zugang zu Sexvideos, an denen sie sich orientierten. Trotzdem sei der erste Geschlechtsverkehr "schon eine Hürde", so Horn-Tilke.

Ein weit verbreitetes Vorurteil, das in vielen jugendlichen Köpfen schwebe, sei die Annahme, dass man beim ersten Sex nicht schwanger werden kann. So ist es nicht verwunderlich, dass pro familia im letzten Jahr 75 minderjährige, schwangere Mädchen beriet.

Das thematische Tabu der Sexualität von Menschen mit Behinderung wird von pro familia gebrochen. "Häufig wird diesen Menschen nicht zugetraut, Sexualität zu leben", sagt Heintzenberg und erinnert sich an ein Gespräch mit Eltern eines Menschen mit Behinderung: "Während des Gespräches wurden sie immer aufgeschlossener. Ich konnte ihnen eine Last abnehmen."

Im Jahr 2007 hat pro familia sein Angebot in Mönchengladbach erweitert. "Wir bieten die Möglichkeit einer Online-Beratung. Es gibt viele Anfragen, zu 80 Prozent von Frauen", sagt Horn-Tilke.

Diese Tendenz zeigt sich auch in der regulären Beratung, die ebenfalls mehr Frauen als Männer in Anspruch nehmen. "Männer sind Helden. Es passt nicht in das Rollenbild, nach Rat zu fragen" bedauert Heintzenberg.