Handwerk in Meerbusch „Im besten Falle ist das Kunst“
Meerbusch · Christoph Kolibabka ist Buchbindermeister – warum der Osterather seinen Job liebt und ihn für sehr modern hält.
Christoph Kolibabka hat einen Beruf, den viele vielleicht altmodisch nennen würden. Er ist Handbuchbindermeister. Das heißt, er repariert Bücher, bringt Buchdeckel an, gestaltet Schutzumschläge, schneidet, falzt, heftet und klebt Papier. „Ich finde, dass ist ein sehr moderner Beruf“, sagt er. Mit dem Klischee eines Buchbinders in einer Werkstatt mit staubigen Büchern und dreckigen Pinseln möchte er aufräumen. Für ihn ist seine Arbeit vor allem die Bewahrung von Kulturgütern. Das können persönliche Bücher sein, wie zum Beispiel die alten Kriegstagebücher vom Opa, aber auch historische Bücher, die mit der Zeit kaputt gegangen sind und repariert werden müssen.
Schon als Kind hat Kolibabka sich schöne Bücher gekauft. „Ich bin so ein Sammlertyp“, sagt er. Nach seinem Abitur hat er Geschichte und Philosophie studiert. Im Keller seiner Mutter „habe ich dann meine ersten Schritte gewagt“, sagt Kolibabka. Mithilfe von Youtube-Videos lernte er Arbeitstechniken eines Buchbinders. Zum Beispiel, wie man einzelne Papierseiten zu einem Buchblock verbindet, das sogenannte Heften. „Mein Bruder hat dann irgendwann gesagt, werde doch Buchbinder“, erzählt er. Erst war er skeptisch. Gibt es diesen Beruf überhaupt noch? Doch dann hat er sich damit beschäftigt, den Entschluss gefasst eine Ausbildung zu machen und sich drei Jahre lang überall beworben. Denn der Beruf ist selten und viele Ausbildungsplätze gibt es nicht. Schlussendlich ist er dann an den Chiemsee gezogen und hat dort seine Lehre begonnen. Am Chiemsee hat er seine Frau kennengelernt und vor einigen Jahren sind sie nach Osterath gezogen. Mittlerweile arbeitet er im Von-der-Heydt-Museum in Wuppertal. Dort sorgt er in der Bibliothek dafür, dass die Bücher erhalten bleiben. Auch bei Ausstellungen und bei der Erstellung von Grafiken hilft er mit.
Neben seinem Beruf bindet er auch in seiner Freizeit Bücher. Und die fühlen sich ganz anders an als Bücher aus dem normalen Handel. Sie sind schwerer, das Buch liegt sehr bequem in der Hand und der Buchdeckel glänzt im Licht. Ein Qualitätsmerkmal ist es, wenn der Buchdeckel sich leicht nach unten wölbt. „Dann nimmt man das gerne in die Hand“, sagt Kolibabka. Die handgebundenen Bücher können mehrere tausend Euro wert sein. Einmal war er sogar eine Woche im Kloster und hat mit dem Mönch und Buchbinder Edgard Claes ein Buch gebunden. Er gilt als einer der bekanntesten Buchbinder. Entstanden ist ein großes schweres Buch mit Ziegenpergament und einem Scharnier zwischen Buchdeckel und Buchrücken. „Im besten Falle ist das Kunst“, sagt Kolibabka. Seit September macht er eine Weiterbildung zum Buchbinder für Restaurierarbeiten in Stuttgart. Es gibt einen Theorie- und einen Praxisteil. „Das ist dann wie in der Schule“, erzählt er. Elf Buchbinder aus ganz Deutschland nehmen an der Weiterbildung teil. „Da findet dann auch eine Vernetzung statt“, sagt Kolibabka. Zusammen lernen sie zum Beispiel, Papier zu restaurieren, Flecken zu entfernen oder auch Schädlinge zu bekämpfen, die den Büchern schaden könnten. Christoph Kolibabka macht die Weiterbildung, um mehr Wissen zu erlangen und weil danach die Berufsaussichten besser sind. Aber die Fortbildung ist teuer. Insgesamt 7140 Euro kostet der Kurs. Finanzielle Unterstützung bekommt der Buchbindermeister von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die Stiftung unterstützt verschiedene Handwerker dabei, sich zum Restaurator weiterbilden zulassen. Mit dem Stipendium kann Kolibabka sich die Fortbildung leisten. Sein Wissensdurst ist aber noch lange nicht gestillt. Auf der Plattform Instagram folgt er Buchbindern aus aller Welt. Dort machen einige Livestreams und zeigen ihr Können. „Da kann man sich dann was abgucken“, sagt Kolibabka.
Mit Blick auf die Zukunft ist er bescheiden. „Wenn ich Bücher mache, bis ich in die Kiste gehe, bin ich eigentlich zufrieden“, sagt er. Bücher sind schließlich seine große Leidenschaft. Irgendwann in Rente gehen ist für ihn keine Option. Kulturgüter bewahren, alte Bücher reparieren, Buchdeckel gestalten und kreativ arbeiten – das will er auch noch im hohen Alter machen.