Rhein-Kreis: Kriminalität - Hausbesuch vom Polizeibeamten

Die Polizei hat rund 70 junge Intensivtäter registriert. Das Programm soll Jugendliche vor einer kriminellen Karriere bewahren.

Rhein-Kreis Neuss. Jeder zweite Intensivtäter wird nach einer Haftstrafe nicht mehr rückfällig. Das zeigt eine Statistik in Berlin. Im Rhein-Kreis Neuss will man den Hebel schon früher ansetzen und Jugendliche, die an der Schwelle zur "Berufskriminalität" stehen, schon im Vorfeld aufhalten. Die Polizei hat in ihrer jüngsten Kriminalitätsstatistik auf die weiter steigende Gewaltbereitschaft und Brutalität unter Jugendlichen hingewiesen. Die Ermittler wollen daher noch zielgerichteter vorgehen. Ein eigenes Kommissariat kümmert sich seit einigen Monaten um besonders auffällige Jugendliche. 70 "Intensivtäter" stehen im Rhein-Kreis Neuss auf der Liste, in der Stadt Neuss sind es etwa 30 Kandidaten. "Zehn Jugendliche haben wir besonders im Visier, die durch sehr schwere Delikte aufgefallen sind", erklärt Polizeichef Dieter Patt. Etwa 300 Jugendliche aus dem Kreis sind dabei, sich in Richtung Intensivtäter zu entwickeln, sie fallen ins grobe Raster und sind bereits durch kleinere Delikte wie Diebstahl oder Sachbeschädigungen in den Fokus der Ermittler geraten. Erol K. beispielsweise. 14 Jahre alt, wegen Nötigung und Anstiftung zu einer Schlägerei saß er bereits für vier Wochen in Untersuchungshaft. "Sein Unrechtsbewusstsein war nicht sehr ausgeprägt", sagt Frank Reutters, Leiter des Jugendkommmissariats. Nun ist er in ein so genanntes Haftvermeidungskonzept einbezogen, hat feste Ansprechpartner bei Polizei und Gericht. Mit Erol waren die Pädagogen schon früh überfordert. "Schon mit 12 Jahren ist er durch Laden- und Fahrraddiebstähle aufgefallen. Laut Polizeidirektor Ulrich Fomferra gehen die wenigsten der Intensivtäter noch regelmäßig zur Schule. Viele stammen aus problematischen Familienverhältnissen. Vor zwei Jahren fing die Kreispolizeibehörde an, sich um auffällige Jugendliche intensiv zu kümmern - nachdem der Anteil der unter 21-Jährigen Tatverdächtigen enorm gestiegen war. (2006: 30,5 Prozent). "Es geht uns vor allem um die 14- bis 16-Jährigen, um sie so früh wie möglich vor einer kriminellen Karriere zu bewahren", erklärt Reuters. Zwölf Beamte kümmern sich um die Jugendlichen. Das Besondere ist, dass ein Sachbearbeiter alle Delikte eines Jugendlichen behandelt. Einmal im Quartal macht der Polizist auch einen Hausbesuch, führt Gespräche, macht sich einen Eindruck vom Umfeld und hinterlässt ihn auch. "Wer eine erkennungsdienstliche Behandlung mit Foto und Fingerabdruck hinter sich hat, ist oft abgeschreckt", weiß Reuters.

Polizisten, Staatsanwälte und Gerichte arbeiten eng zusammen. "Eine Zusammenarbeit, die funktioniert", sagt Patt.