Rhein-Kreis Neuss: "Boykott würde Tibet nicht helfen"

Das Vorgehen der Chinesen und ein möglicher Olympia-Boykott werden auch im Kreis diskutiert.

Rhein-Kreis Neuss. Die Welt diskutiert über die Ereignisse in Tibet. Das Vorgehen der chinesischen Regierung gegen die Demonstranten stößt auf Kritik, und auch ein Boykott der Olympischen Spiele in Peking wird immer wieder ins Spiel gebracht. Auch im Rhein-Kreis sind Menschen von den Ereignissen betroffen. Die WZ sprach mit ihnen.

Große Sorge treibt momentan Peter Laumen aus Kaarst um. Das Mitglied der Kaarster Nepal-Initiative hat Kontakt zum tibetischen Fußball-Nationalspieler Wangchen Tsetan, dessen Team nicht von der Fifa anerkannt ist. Tsetan nimmt an Demonstrationen im nepalesischen Pokhara teil. "Vor vier Tagen habe ich die letzte E-Mail bekommen. Er hat mir berichtet, dass viele Demonstranten verhaftet worden sind. Ich hoffe, dass Wangchen noch frei ist", sagt der Kaarster. Einen Olympia-Boykott würde Laumen zumindest in Erwägung ziehen: "Die Option sollte als Druckmittel offen gehalten werden. Die Idee des französischen Präsidenten Sarkozy, der Eröffnungsfeier fern zu bleiben, finde ich gar nicht schlecht."

Das sieht Rainer Strauss, Vorsitzender der Nepal-Initiative, anders: "Ein Boykott würde Tibet nicht helfen. Vielmehr sollen Sportler und Journalisten die Spiele in Peking nutzen, um vor Ort die Menschenrechts-Probleme offen anzusprechen." So könne man ein deutlicheres Zeichen setzen. Strauss fliegt am Wochenende nach Nepal. Die Initiative unterstützt dort eine Schule und einen Kindergarten.

Von einem Olympia-Boykott könnte die Neusser Fünfkämpferin Janine Kohlmann (Foto rechts) betroffen sein. Bisher hat sich die 17-Jährige nur wenig Gedanken über einen möglichen Boykott gemacht, denn sie ist mitten im Kadertraining in Potsdam: "Aus dem Bauch heraus würde ich mich aber gegen einen Boykott aussprechen. Ich wäre enttäuscht, auf meine Chance auf eine Olympia-Teilnahme verzichten zu müssen."

Für Handball-Weltmeister Florian Kehrmann (TBV Lemgo/Foto unten), der aus Kaarst stammt, ist ein Boykott kein Thema: "Der Deutsche Olympische Sportbund hat klar gesagt, dass das nicht in Frage kommt. Und davon gehe ich auch aus." Kehrmann vertritt die Meinung, dass man Sport und Politik trennen sollte: "Die Sportler, die jahrelang für Olympia trainieren, können nichts für die schlimmen Ereignisse in Tibet."

Auch für Ursula Litten, Vorstandsmitglied der Deutsch-Chinesischen Gesellschaf Neuss, ist ein Boykott das falsche Mittel: "Ich verurteile die Menschenrechtsverletzungen aufs Schärfste, aber ein Boykott wäre kontraproduktiv." In ihren Augen hat sich China in den vergangenen Jahren geöffnet. "Ein Ausfall der Spiele würde dies wieder zerstören. Und auch für die Bevölkerung wäre das ein harter Schlag. Schließlich setzen die Menschen viele Hoffnungen in Olympia."