Gemeinnütziges Bildungs-Start-up Hilfe für Meerbuscher Schulen beim digitalen Lernen

Interview | Meerbusch · Die Gründerinnen von „Edusparks“ sagen, wie sie Schulen beim Thema Digitalisierung unterstützen.

Carolin Cremer und Pia Leyers haben Edusparks gegründet, um Schulen und Eltern beim Weg in die digitale Zukunft zu unterstützen.

Foto: Sonja Schmitz

Von Sonja Schmitz

Was war der Grund für Sie, diese Unterstützung anzubieten?

Pia Leyers: Wir haben beide in großen Unternehmen gearbeitet und uns dort intensiv mit Themen der Digitalisierung und Transformation beschäftigt. Nun besuchen unsere Kinder die Grundschule. Dabei sind uns Dinge aufgefallen, die in der Unternehmenswelt anders laufen. Wenn im Unternehmen neue Aufgaben anstehen, dann gibt es dort Spezialisten, die Unterstützung leisten oder man kauft dafür externe Fachleute – Berater oder Agenturen –ein.

Das fehlt in der Schule?

Leyers: Es wird alles auf der Schulleitung abgeladen. Das haben wir als unfair bewertet. Es gibt zwar Angebote. Aber dazu muss man immer raus aus der Schule, um sich das Wissen zu beschaffen und es dann noch innerhalb der Schule verstetigen. Das haben wir als unglücklichen Zustand empfunden, weil eigentlich der Lernort Schule gestärkt werden muss. So ist die Motivation für uns entstanden zu helfen.

Carolin Cremer: Wir haben in Meerbusch eine privilegierte Situation, dass jedes Kind in der ersten Klasse ein iPad bekommt und bis zum Ende der Schulzeit darüber verfügt. Das ist eine große Chance. Oft haben Kinder schon vor der Schule umfangreichen Zugang zu digitalen Geräten. So bekommen die Kinder schon früh die Geräte zur Ablenkung. Auf diese Weise lernen die Kinder sie mit Filmen und Spielen als perfektes Entertainment-Gerät kennen. In der Schule sollen sie es dann plötzlich als Lernmedium verstehen, das man danach auch wieder weglegt, wenn die Aufgabe erfüllt ist. Das ist für die Schulen eine Herausforderung. Dazu kommt noch der flächendeckende Lehrermangel, der eine erhebliche Belastung ist. Da fragt man sich, wie sie das Thema Digitalisierung auch noch stemmen sollen.

Gibt es für die Schulen Vorgaben zum digitalen Lernen?

Cremer: Es gibt den Medienkompetenzrahmen NRW, der aufzeigt, welche Medienkompetenzen systematisch an die Schüler vermittelt werden sollen. Auf dieser Basis entwickeln die Schulen ein eigenes Medienkonzept, das die Vermittlung der Kompetenzen im Rahmen des Curriculums vorsieht.

Gibt es für das Vermitteln der Medienkompetenz an die Schüler einen festen Fahrplan?

Leyers: Es gibt sechs vorgegebene Bereiche: vom Bedienen und Anwenden über Informieren und Recherchieren bis zum Problemlösen. Die Fertigkeiten dazu sollen die Kinder erlernen. Aber wie dies im Sachkundeunterricht oder im Deutschunterricht integriert wird, das müssen die Schulen selber entwickeln. Das ist zum einen gut, denn jede Schule ist anders. Aber wer soll das jetzt machen?

Sagen Sie es mir.

Cremer: Jede Schule in NRW hat einen Digitalisierungsbeauftragten. Das ist eine Lehrkraft, die den Bereich der Digitalisierung neben ihrer Lehrtätigkeit macht. Das sind unfassbar engagierte Menschen, die sich in ihrer Freizeit in all diese inhaltlichen Themen reinfuchsen und auf der Basis des Medienkompetenzrahmens ein Medienkonzept für die Schule erstellen. Nicht nur das. Sie müssen auch die ganzen Geräte technisch verwalten. Also wenn ein Kind sein Passwort vergessen hat oder irgendwelche Apps auf dem iPad fehlen, ist immer dieser Digitalisierungsbeauftragte der Ansprechpartner, sobald der Klassenlehrer nicht weiter weiß. Da reden wir noch gar nicht von Kompetenzen. Die größte Herausforderung ist es ja, das ganze Lehrerkollegium mitzunehmen. Und die Frage ist ja auch, wann soll der oder die das machen?

Der Bedarf für Unterstützung ist offensichtlich. Wie sind Sie auf die Schulen zugegangen?

Leyers: Wir haben Kinder in der ersten und dritten Klasse und haben mit Lehrern und Schulleitern gesprochen. Dann merkt man, dass das Bildungssystem mit diesen Themen belastet ist. Den Lehrern ist es nicht anzukreiden, sie rudern wirklichen jeden Tag, um das Beste mit den Mitteln und Vorgaben, die sie haben, zu machen. Wir haben gesehen, dass es ohne externe Hilfe sehr lange dauern wird, bis Medienkompetenz umfassend an Kinder vermittelt wird.

Sehen Sie in der Schullandschaft Vorbilder?

Cremer: Schulen, die mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet werden, haben als Erfolgsmodell, dass sie sich öffnen in die Gemeinschaft hin und digitale Teilhabe ermöglichen. Eine Digitalisierungbeauftragte hat uns gesagt: Es braucht multiprofessionelle Teams und externe Unterstützung, damit wir diese Mammutaufgabe der Digitalisierung schaffen.

Das haben Sie als Arbeitsauftrag verstanden?

Leyers: Ja, wir haben uns im vorigen Mai als gemeinnützige GmbH gegründet und ein Hilfsangebot gemacht. Wir sind mit Meerbuscher Grundschulen gestartet, unser Unterstützungsangebot gilt jedoch für alle Schulformen. Es gibt schon kommunale oder staatliche Stellen wie das Medienzentrum oder Medienberater, die machen sehr gute Arbeit. Aber wenn ein einziger Lehrer nachmittags eine Schulung besucht oder eine einzelne Klasse dort für drei Stunden einen Workshop macht, ist das wichtig. Der Bedarf bei einer Schule mit hunderten Schülern und dutzenden Lehrern ist aber viel größer. Das können diese Stellen nicht abdecken. Wir bekommen die Rückmeldung, dass unser Einsatz einen Nerv trifft und Schulen genau dort unterstützt, wo es an Kapazitäten fehlt.

Wie läuft Ihre Unterstützung ab?

Cremer: Wir kommen in die Schulen und erfahren, wo die Schule steht, was sie für die Vermittlung von Medienkompetenzen braucht. Sie müssen uns nur einen Termin geben und dann organisieren wir das, was sich die Schule wünscht und benötigt. Dann suchen wir die passenden Angebote und ausgewiesenen Medien-Experten, die in der Schule eine Fortbildung für die Lehrer oder ein Tandem-Unterricht machen. Wir organisieren, finanzieren, halten Folgeschritte fest und geben Vorschläge und Impulse.

Wie finanzieren Sie sich?

Leyers: Mit Hilfe von Spenden. Darauf sind wir angewiesen. Unter anderem konnten wir die Stiftung Büderich und die Stadt Meerbusch als Geldgeber gewinnen. Die ermöglichen sehr viel in Meerbusch und unterstützen uns großartig. Sie haben uns einen Vertrauensvorschuss gegeben und an die innovative Herangehensweise geglaubt. Dafür sind wir extrem dankbar. Es gibt einen vorgegebenen Rahmen, über die konkreten Maßnahmen entscheiden die Schulen nach Bedarf. Das schafft Entlastung und zwar ohne Gegenleistung.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie?

Cremer: Die Schulen, mit denen wir gestartet haben, sind sehr dankbar. Daraus ziehen wir auch unsere Motivation, da wirklich Vollgas zu geben.

(stz semi)