Rhein-Kreis Neuss: Versteckte Ecken erkunden

Viele Gebäude im Kreis öffneten am Wochenende ihre Pforten.

Rhein-Kreis Neuss. Steuerabgaben oder Hinrichtungen waren im Mittelalter der Grund, durch den schmalen Torbogen zum Alten Schloss in Grevenbroich zu fahren. Begeistert lauschten gestern die Teilnehmer dem Vortrag von Kunsthistoriker Thomas Wolf am Tag des offenen Denkmals.

"Die Gebäude aus dem 12.Jahrhundert dienten als Verwaltungszentrum des Grafen von Jülich." Brisante Zeiten brachen an: Der Graf war "geistig geschwächt" und wurde eingesperrt, zitiert Wolf die Bücher des Stadtarchivs. Im heutigen Haus Hartmann saß ab dem 18.Jahrhundert der Kellner - er verwaltete die Einnahmen, oftmals Naturalien wie Roggen und Weizen. Bedauerlich sei, dass vom damaligen Schloss nur noch wenig erhalten ist, meint Kerstin Glodzinski, die gestern extra aus Aachen anreiste: "Um die schönen Schlösser im Rhein-Kreis Neuss zu sehen."

Den geheimen Gang zum Rathaus, der beim Neubau des Treppenhauses entdeckt wurde, hätte Glodzinski gerne beschritten. "Er wurde aber geschlossen", erklärt Historiker Wolf.

Zu gleicher Zeit streifen viele Besucher durch den verwilderten Park des Schloss Meer in Meerbusch. Gestern durfte die Öffentlichkeit erstmals einen gut erhaltenen Kellerraum unter der Remise von Haus Meer besichtigen. "Ein paar offene Brunnen müssten sich noch hier befinden", sagt Friedhelm Kippels, der bei Ausgrabungen half. Ein idyllischer Ort soll das ehemalige Prämonstratenserinnenkloster aus dem 12.Jahrhundert gewesen sein. Ein Eiskeller und eine Kapelle befanden sich dort, wo heute nur noch die 250 Jahre alten Platanen die Geschichte überliefern.

Jüngeren Alters ist die 1904 errichtete evangelische Christuskirche in Neuss. "Eine Mischung aus Neugotik und Romanik", erklärt Martin Görtzen. Taufstein und Kanzel sind der ehemaligen Marienkapelle entnommen, die Kanzel ist in gleicher Höhe mit dem Altar. "Das soll die Gleichheit aller in der Kirche ausdrücken."

Weil das Gotteshaus an der Breite Straße ehrenamtlich betrieben wird, öffnen sich die schweren, mit Messingbeschlägen verzierten Holztüren nur einmal im Monat. Antje Petry-Davids ist begeistert vom Denkmal-Tag: "Spannende Welten eröffnen sich, in die man sonst nicht blicken kann."