Ferien: Die Kleinigkeiten halten auf
Thorsten Otten ist Hausmeister an der Neusser Pestalozzi-Grundschule. Derzeit muss er vor allem koordinieren und kontrollieren.
Neuss. An diesem Morgen wartet Thorsten Otten mal wieder. Es sind Ferien, keine Kinder toben auf dem Hof, und auch in den Klassenzimmern ist alles ruhig. "Eine gute Zeit für Reparaturen. Da muss ich nicht ständig aufpassen, dass Kinder sich auf meinen Baustellen verletzen könnten."
Bis jetzt an diesem Tag haben er und Helfer Andreas Geringer erst einige Regale aufgebaut und Sperrmüll rausgetragen. Der Hausmeister der städtischen katholischen Pestalozzi-Grundschule in Neuss-Grimlinghausen hätte gern schon mehr getan. Doch einige für die Ferien bestellte Handwerker lassen auf sich warten - und vorher kann er nicht richtig Hand anlegen.
So macht es für ihn erst nach der Grundreinigung Sinn, Tische und Stühle zu ordnen: In die Klassen der I-Dötze muss das niedrigste Mobiliar, zu den Viertklässlern das größte. "Das ist wichtig", sagt der 40-Jährige. "Wenn Schüler Jahre lang auf falschen Stühlen sitzen, kann das zu Haltungsschäden führen." Und auch die Tische müssten passen. "Die Kinder müssen ihre Hände etwas nach unten geneigt ablegen können. Sonst fließt das Blut heraus und die Schüler können höchstens ein halbes Blatt vollschreiben." Im Moment gibt es vier Tischgrößen, im kommenden Jahr kommt eine noch niedrigere hinzu: "Es werden immer mehr Fünfjährige eingeschult."
Otten kennt die kleinen, aber wichtigen Details. Als der gelernte Elektriker 1993 als Schulhausmeister bei der Stadt anheuerte, belegte er einen Kurs der Gemeindeunfallversicherung, der Berufsgenossenschaft für den öffentlichen Dienst. Dort lernte er: Sicherheit hat Priorität. "In den Ferien kontrolliere ich in Belastungstests jede Tafel. Es müssen sich zwei Schüler daranhängen können, ohne dass sie umfällt." Die Konstruktionen aus gestrichenen Glasplatten, Metall und Betongewichten wiegen schließlich rund 450 Kilo und dürfen keinesfalls umkippen.
Überhaupt sei Kontrolle seine Hauptaufgabe in den großen Ferien, und zwar nicht nur der Check der Einrichtung - auch einigen Firmen, die größere Aufträge ausführen, blicke er nach schlechten Erfahrungen lieber "ständig über die Schulter", als dass er sie noch einmal bestellen müsse. "Für Koordination und Kontrolle", sagt Otten, "geht eine Menge Zeit drauf."
Und davon hat er nicht viel. Schon im vergangenen Jahr konnte er nicht all seinen Urlaub nehmen, lief stattdessen pausenlos die 3280 Quadratmeter Gebäude- und 4500 Quadratmeter Außenfläche ab. Magnet-Tafeln aufhängen, Unkraut jäten, Türschlösser auswechseln, Laub zusammenkehren, Wasserhähne reparieren, PCs in den Klassen ans Laufen bringen, Heizungsthermostat auswechseln, Scharniere fetten, größere Schäden melden und schließlich die ausführenden Firmen koordinieren und beaufsichtigen: So sehe der der Alltag als Schulhausmeister in den großen Ferien aus.
"Die Kleinigkeiten halten sehr auf. Man glaubt gar nicht, was alles zu tun ist, wenn 320 Kinder ein Jahr lang zur Schule gegangen sind und Räume wie die Turnhalle viel von Externen genutzt wurden", sagt Otten. "Und dann müssen in den Ferien immer wieder Räume umgestaltet werden, weil pädagogische Konzepte geändert worden sind."
Viel Arbeit sei es etwa gewesen, als die Schule zur Offenen Ganztagsgrundschule (OGS) wurde. "Die OGS ist in meine bisherige Dienstwohnung eingezogen", sagt Otten. Das aber habe einen großen Vorteil: "Jetzt wohne ich 300 Meter entfernt, und nicht jeder, der etwas von mir will, klingelt ständig meine Familie raus."