Grevenbroich: Hommage an Oscar Wilde

Rolf Fuchs stellte in einer Lesung Leben und Werk des skandalumwitterten Schriftstellers vor.

Grevenbroich. Man nennt Rolf Fuchs nicht umsonst "Düsseldorfs Vorleser Nr. 1": mehr als 500 Lesungen, erst im legendären "Schnabelewopski", dann im Lokal "Arcari" am Carlsplatz.

Und nun gastierte Rolf Fuchs am Freitagabend mit einer Lesung bei Roland Brozio an der Bergheimer Straße in Grevenbroich. Märchen und Erzählungen von Oscar Wilde (1854-1900) standen im Mittelpunkt des Abends, von Fuchs verflochten mit der Biografie des Literaten.

Als Dandy provozierte und amüsierte Wilde gleichermaßen, schrieb Erzählungen und den Roman "Das Bildnis des Dorian Gray", landete mit seinen Komödien einen Bühnenerfolg nach dem anderen - bis er wegen homosexueller Handlungen zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde.

Nach der Haft kehrte Wilde England den Rücken, er starb mit nur 46 Jahren im französischen Exil. Ein tragisches Leben, so das Resümee von Rolf Fuchs: "Je mehr Oscar Wilde die viktorianische Gesellschaft verspottete, desto mehr liebte sie ihn - bis sie ihn schließlich vernichtete."

Konsequenterweise stellte der Vorleser sein Wilde-Programm denn auch unter das Motto "Bewundert und verteufelt".

Auf dem Programm standen Texte wie "Die Sphinx ohne Rätsel", Auszüge aus dem preisgekrönten Gedicht "Ravenna" und - passend zum Veranstaltungsort - die Künstler-Erzählung "Der Modellmillionär".

Roland Brozio veranstaltet in seinen Räumen regelmäßig Kunstausstellungen, bis zum 8. Juni zeigt er Grafiken von Knud Balandis. Auf Balandis geht auch die Idee einer begleitenden Wilde-Lesung zurück.

Auf dem Programm stand zudem das poetische Märchen "Der eigensüchtige Riese" und Verse aus der "Ballade vom Zuchthaus zu Reading". In dieser letzten Arbeit prangert Wilde die unmenschlichen Zustände in den zeitgenössischen Gefängnissen an. Er hatte erlebt, wie ein psychisch kranker Mitgefangener geprügelt wurde.

Zum Abschluss zeigte Fuchs noch einmal den witzigen, satirischen Wilde. "Die bedeutende Rakete" gab ihm Gelegenheit, noch einmal sein ganzes Vorlese-Talent zu zeigen, ja in verschiedene Rollen hineinzuschlüpfen.

Sprechunterricht hat Rolf Fuchs übrigens nie genommen, auf Proben verzichtet der Vorleser ebenfalls. "Es muss einfach vor dem Publikum klappen", ist der 61-Jährige überzeugt.

Nach mehr als zehn Jahren hat er kurz vor dem Ruhestand sein Hobby zum Beruf gemacht. "Am liebsten sind mir Lesungen in familiärer Atmosphäre wie hier - wenn mir die Gäste fast auf dem Schoß sitzen."