Hilfestellung für Flüchtlinge mit Heimweh

Die Diakonie baut an den Flüchtlings-Unterkünften des Landes neue Beratungsdienste auf.

Foto: woi

Neuss. Jeden zweiten Tag verlassen Flüchtlinge Neuss in Richtung ihres Herkunftslandes. Es treibt sie nicht unbedingt enttäuschte Erwartungen an, diesen Schritt zu gehen, sagt Dzana Wallmeier-Vajraca, die erst am Samstag zwei irakische Familien mit insgesamt elf Personen zum Flughafen gebracht hat. „Sie halten einfach das Heimweh nicht mehr aus“, sagt sie. Das sei manchmal so stark, dass selbst ihr Rat, den Rückweg besser nicht zu wagen, in den Wind geschlagen werde. Aber auch diesen Menschen hilft Dzana Wallmeier-Vajraca, denn das ist seit Anfang Dezember ihr Job.

Die in Bosnien geborene Juristin, die 1992 selbst als Flüchtling nach Deutschland kam, ist im Auftrag der Diakonie als Rückkehrberaterin tätig. Das ist kein neues Aufgabengebiet des evangelischen Trägers. Doch aktuell gehört ihre Arbeit zu den neuen und unabhängigen Diensten, die rund um die Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes, das gerade seine Zuwendungen für solche Angebote von sieben auf 28 Millionen Euro jährlich vervierfacht hat, entstehen.

Stephan Butt vom Vorstand der Diakonie begleitet diese Aufbauarbeit. Im Oktober begann Samir Bousalah, ein Sozialarbeiter mit marokkanischen Wurzeln, mit der Asylverfahrensberatung in der ZUE an der Nordkanalallee. Diesen Dienst will alleine die Diakonie — die Caritas ist ebenfalls in der ZUE präsent — auf 2,5 Stellen aufstocken. „Die Stellen sind ausgeschrieben“, sagt Butt. Parallel verdoppelt die Diakonie gerade ihr Personal in der Migrationsberatung, die nur Zuwanderern mit Bleiberecht offen steht, auf 1,5 Stellen. „Der Ansturm der Ratsuchenden nimmt zu“, sagt Stephan Butt.

Asylverfahrens- und Rückkehrberatung leistet die Diakonie nicht nur in den Landeseinrichtungen, sondern auch für die Städte. Beide Dienste sind in der Praxis eng miteinander verzahnt, sagt Bousalah. In seinem Büro an der Hammer Landstraße sitzen oft Flüchtlinge, die überhaupt nicht wissen, wie ein Asylverfahren läuft und dass sie sich zum Beispiel auf eine Anhörung einstellen müssen. Denen hilft er, ihre Rechte wahrzunehmen, zeigt ihnen aber auch ihre Chancen auf. Nicht selten hört er, dass selbst Flüchtlinge, die auf dem Weg nach Deutschland Schlimmes durchgemacht haben, zurück wollen. Dann verweist er zur Kollegin.

Freiwilligkeit ist dabei die Geschäftsgrundlage, Offenheit das Prinzip. „Das Ziel ist nicht, jemanden zur Rückkehr zu bewegen“, stellt Dzana Wallmeier-Vajraca klar. Sie rät — wie aktuell bei einem politisch verfolgten Afghanen — von Fall zu Fall auch zum Bleiben. Steht aber der Beschluss fest, kann sie nicht nur alles für eine Ausreise in die Wege leiten, sondern auch versuchen, Hilfestellung für den Neustart in der alten Heimat zu vermitteln. „Wir wissen oft schon, was sie in ihrer Heimat vorfinden“, sagt sie. Um keine geschönten Berichte zu verbreiten, baut sie gerade ein Netzwerk mit Rückkehrern auf, auf das sie als Informant künftig zurückgreifen will.

Mitunter gehen Flüchtlinge freiwillig, wenn sie erkennen, dass ihr Asylantrag wenig Aussicht auf Erfolg hat oder eine Abschiebung droht. Aber das hält Wallmeier-Vajraca für legitim. Denn wer abgeschoben wurde, darf eine Weile nicht mehr in den Schengen-Raum einreisen. Sie hat einer Familie aus Serbien dazu geraten — damit der Familienvater wieder in Griechenland arbeiten kann.