Krankheitswelle rollt durch Neuss Infektwelle rollt durch Neusser Einrichtungen

<irwordspace style="word-spacing 025em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Neuss </irglyphscale></irwordspace> · Eine Krankheitswelle rollt derzeit durch Neuss. Am Gymnasium Norf fehlt deshalb schon ein Viertel aller Lehrer. Normalität scheint nicht in Sicht, denn die Ärzte beobachten, dass Erkrankte immer länger benötigen, bis sie wieder fit werden. Ein Überblick.

Grippe, Atemwegserkrankungen aber auch Magen-Darm-Erkrankungen sorgen für einen überall spürbar höheren Krankenstand und volle Arztpraxen.

Foto: dpa/Philip Dulian

Freiwillig Maske tragen, Hygieneregeln einhalten und bei Krankheitssymptomen daheim bleiben: Es sind Empfehlungen wie auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, die die Schulleitung des Gymnasiums Norf in einem Rundschreiben an die Eltern ihrer Schüler am Donnerstag verbreitet hat. Anlass dazu bot ein hoher Krankenstand, den Schulleiter Stefan Kremer für die größte Schule der Stadt in zwei Zahlen zusammenfasst: „20 Prozent der Kinder sind krank und ein Viertel der Lehrer fehlt.“

Das ist beileibe kein Einzelfall in der Stadt, durch die eine Krankheitswelle rollt, die aktuell Tag für Tag die Wartezimmer der Ärzte füllt. „Ich frage mich, wer überhaupt noch arbeiten geht“, sagt Dr. Gerhard Steiner, Sprecher der niedergelassenen Ärzte in Neuss. Er traf am Freitag zum Dienstbeginn im Wartezimmer 80 Patienten an und rotierte durch die vier Behandlungszimmer seiner Praxis „wie in einem Hamsterrad“.

Auch beim Kreisgesundheitsamt spricht man von einem „überall spürbar hohen Krankenstand“, wie Kreissprecher Benjamin Josephs die Lage zusammenfasst. Zur Erleichterung der Behörde ist aber keine der meldepflichtigen Krankheiten ausgebrochen. Am Gymnasium Norf hatte man erst auf einen Norovirus-Befund spekuliert, weil sich unter die vielen Fälle von Grippe- und Atemwegserkrankungen auch Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes mischten. Doch das, so Kremer, habe sich nicht bestätigt.

Das Gymnasium Norf ist betroffen, aber es werden auch viele andere Bildungseinrichtungen in den Elternnetzwerken benannt. Eine Übersicht ist für die Stadt als Schulträger nur schwer zu gewinnen. Grundsätzlich handele es sich dabei um interne Schulangelegenheiten, betont Luca Clemens von der Pressestelle der Stadt. Seine Behörde würde nur benachrichtigt, wenn beispielsweise der Schulbetrieb eingeschränkt werden soll. Das war selbst am Gymnasium Norf nicht nötig, wo nur einzelne Stunden ausfielen. „Wir müssen halt improvisieren“, sagt Raoul Zühlke, der stellvertretende Schulleiter.

15 Prozent der Grundschüler fehlen krankheitsbedingt

Dass die Krankheitswelle auch andere Einrichtungen trifft, ist mit wenigen Telefonaten bestätigt. „Etwa die Hälfte unserer Einrichtungen meldet, dass aktuell deutlich mehr Kita-Kinder infektbedingt krank sind“, berichtet Johanna Protschka, Sprecherin der LuKiTa, einem Träger von zwölf (ehemals städtischen) Kindertageseinrichtungen. Und Elke Schlangen, eine von drei Sprecherinnen der Grundschulen in Neuss, sieht seit fast einer Woche in ausgedünnte Schulklassen. 15 Prozent der Kinder würden derzeit durch Krankheit fehlen, sagt die Leiterin der St.-Konrad-Schule, die „Influenza auf dem Vormarsch“ sieht. Ihr Kollegium halte sich noch wacker, „hoffen wir, dass es so bleibt“.

Als Arzt stellt Gerhard Steiner derzeit fest, dass nicht nur der Krankenstand „signifikant erhöht“ ist und überdurchschnittliche viele Kinder betroffen sind, sondern dass seine Patienten auch länger brauchen, bis sie wieder fit sind. „Statt vier bis fünf dauert es oft bis zu zwölf Tage“, sagt er. Und Drückeberger kann Steiner unter denen, die sich ihm vorstellen, nicht erkennen: „Vielen geht es gar nicht gut.“

Virale Atemwegserkrankungen muss Steiner derzeit gehäuft diagnostizieren, dazu aber auch Grippeinfekte mit Magen-Darm-Erkrankungen sowie Coronafälle und die gerade für kleine Kinder und alte Menschen gefährlichen RSV-Viren. Gerade für Grippe und Corona gebe es nach wie vor eine Impfempfehlung, sagt Christoph Napp-Saarbourg als Sprecher der Apotheker am Niederrhein.

Wie ein Krankheitsausbruch im Schulbetrieb aussieht, schildert die Mutter einer Siebtklässlerin an einem Neusser Gymnasium. Ihre Tochter saß nur noch mit der Hälfte ihrer Klassenkameraden im Unterricht, bis sie am Donnerstag eine Grippe mit Fieber und Husten ebenfalls aufs Krankenlager warf. „Mit einer Pandemie vergleichbar“, schildert die Mutter die Lage. Sie selbst aber hat bislang noch kein Virus erwischt. „Mütter“, sagt sie schlicht, „dürfen auch nicht krank werden.“