Kaarst: Das wunderbare Gefühl der Schwerelosigkeit

Rund 85 Sporttaucher des TSC Kaarst feierten am Kaarster See ihr „Antauchen“.

Kaarst. "Ich bin Kaarster, also ist das irgendwie mein See", sagt Dirk Heinzmann überzeugt, als er auf den ruhigen Kaarster See blickt. Zwar hat der 42-Jährige einen so genannten Halbtrockentauchanzug - er wird also nicht nass, wenn er unter Wasser geht - dennoch ist ein Tauchgang in heimischen Gewässern im Frühjahr nur mit gehöriger Überwindungskraft zu meistern. Es ist kalt. Es ist dunkel. Und oft reicht der Blick keinen Meter weit.

Die knapp 85 aktiven Sporttaucher des Tauchsport-Clubs (TSC) Kaarst feierten am Sonntag ihr Antauchen. "Das ist sozusagen auch für die Nasstaucher der Beginn der Außensaison", erklärt Vorstandsmitglied Volker Pieper. Während es in den Wintermonaten bei Wassertemperaturen nahe des Gefrierpunktes für einen Tauchgang zu kalt wäre, schert Trockentaucher wie Heinzmann und seinen Tauchpartner Florian May die Temperatur des Gewässers wenig. "Die Sicht ist schon ziemlich mies", berichtet May. "Ab und an sieht man mal Fische, vielleicht sogar einen Hecht. Dann aber wiederum nicht die Hand vor Augen."

Und dennoch würden die beiden, die in ihrer Ausrüstung bei einem ersten flüchtigen Blick wie Wesen von einem anderen Stern aussehen, ihren Sport nicht missen wollen. "Es ist manchmal gar nicht so wichtig, was man sieht", berichtet Vorstand TSC-Volker Pieper. "Viel wunderbarer ist das Gefühl beinahe vollkommener Schwerelosigkeit."

Doch für die Mitglieder des TSC Kaarst bedeutet es noch mehr. Pieper: "Wenn man nach einigen Tauchgängen Routine entwickelt hat und den Sport beherrscht, beginnt auch das Interesse an der Gewässerbiologie." Denn der Kaarster See sei aus biologischer Sicht ein Problemkind der Region: Enten werden von Spaziergängern gefüttert, Düngemittel aus der Landwirtschaft zugeleitet. "All das setzt einem See natürlich zu", sagt Pieper.

Deswegen gibt es beim TSC eine Umwelt-Aktionsgruppe, die regelmäßig die Konditionen des Kaarster Sees beobachtet und Projekte wie das Errichten künstlicher Riffe ins Leben ruft. "Es gibt Süßwassermuscheln, die dazu beitragen, den Sauerstoffgehalt im Wasser auf einem konstanten Niveau zu halten", erklärt Pieper und deutet auf eine Reihe am Seeufer aufgestapelter Betonröhren. "Deshalb versenken wir diese Röhren an sorgfältig ausgewählten Punkten, wo sie eine Art Riff bilden. Dort siedeln sich diese Muscheln dann an."

In der ersten Maiwoche soll mit Hilfe des Kaarster Segelvereins diese Versenkungsaktion stattfinden. Mitte Juni, wenn die Taucher darauf hoffen, dass die Sichtweiten im See besonders gut sind, sollen erste Ergebnisse vorliegen. Dirk Heinzmann und Florian May haben ihre Ausrüstung inzwischen komplett angelegt. Beide formen ein O aus Daumen und Zeigefinger. Das Taucherzeichen für "Alles in Ordnung." Kurze Zeit später blubbern dann nur noch Luftblasen an der Oberfläche: Beide Taucher sind in Neptuns grünem Reich verschwunden.