Neuss: Keine Zukunftssorgen nach dem Abi

Abschluss in Zeiten der Krise: Zwei Abiturienten erzählen von ihren Plänen.

Neuss. Alexander Stump ist keiner, der in der Schulzeit nicht an später gedacht hätte. Später - das ist die Zeit nach dem Abi. Zwei Jahre lang nahm der heute 19-Jährige am Projekt Pasteg teil, das Schülern ab der zehnten Klasse die Naturwissenschaft näherbringen will. Jeden zweiten Samstag stand er dafür in Grevenbroich auf der Matte eines Unternehmens. Samstags früh raus? Ja, das sei hart gewesen, sagt Stump. "Aber es hat auch Spaß gemacht."

Jetzt hält Stump sein Abschlusszeugnis in den Händen. Er ist einer von zwei Schülern am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium, die mit einem Notendurchschnitt von 1,0 bestanden haben. Besser geht’s nicht. Ein Überflieger sei er deshalb nicht, sagt er: "Ich habe einfach begriffen, wie das System Schule funktioniert."

Was er später einmal machen will, weiß er noch nicht: "Eigentlich kann ich mir soviel vorstellen." Ein Medizinstudium, ja das könnten ihm liegen, sagt Stump und scherzt: "Einen weißen Kittel zu tragen, das würde mir gefallen." Dann wird der 19-Jährige ernst. "Nein, mal ehrlich, ich finde es gut, anderen zu helfen. Aber das sagt ja jeder."

Stump ist froh, dass er noch Zeit hat, sich zu entscheiden. Bald beginnt er seinen Zivildienst. Natürlich im Krankenhaus. "Dann werde ich sehen, ob Medizin wirklich etwas für mich ist." Zukunftssorgen hat er nicht. Sicher seien er und seine Mitschüler sensibilisiert. "Wir haben ja gerade die Wirtschaftskrise miterlebt." Er sorgt sich nicht, keinen Job zu finden. "Darüber denke ich kaum nach." Wenn Stump über die Zukunft spricht, benutzt er häufig das Wort gefestigt. In zehn Jahren würde er gerne mit Frau und Kindern im eigenen Haus leben. Nein, das sei vielleicht ein wenig hochgegriffen: "Wohl eher mit meiner Freundin in einer eigenen Wohnung."

Wie ihr Leben in zehn Jahren aussehen könnte, darüber hat Leonie Geyer noch nicht nachgedacht. Sie packt in Gedanken bereits ihre Koffer. In wenigen Tagen sitzt die Abiturientin im Flieger Richtung USA. Dort will sie Psychologie und vielleicht Wirtschaftswissenschaften studieren und vor allem Eines tun: Hockey spielen.

Die 19-Jährige spielt in der U21-Nationalmannschaft - damit hatte sie gute Chancen auf ein Stipendium. Tatsächlich konnte sie zwischen fünf Unis wählen. Geyer entschied sich für die Privatuniversität Syracuse in New York. Nicht, weil sie unbedingt nach New York will. "Nein, hier habe ich die Möglichkeit, nach einem Jahr auf eine deutsche Uni zurückzuwechseln. An anderen Universitäten hätte ich mich für mehrere Jahre verpflichten müssen." Zwar könne sie sich vorstellen, dass Studium in den USA zu Ende zu bringen. "Aber ich will mir das offenhalten."

Auch Leonie Geyer ist sich noch nicht sicher, ob Psychologie tatsächlich das richtige Fach für sie ist. Sie hat sich auch für die Wissenschaft entschieden, weil sie sich ausrechnet, damit gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben.

An ihrer Schule, dem Erzbischöflichen Gymnasium Marienberg, gebe es nur wenige, die ein Fach einzig aus Idealismus studieren werden: "Viele schauen schon, wo sie Chancen haben könnten", sagt sie. Sorgen macht aber auch sie sich nicht: "Der Auslandsaufenthalt macht sich sicher gut auf dem Lebenslauf." Un jetzt geht’s sowieso erst mal raus in die weite Welt.