Neuss: Napp contra Stadt, zweite Runde
Rechtsstreit: Oberverwaltungsgericht Münster lässt die Berufung im Verfahren über Nebeneinkünfte aus RWE-Beirat zu.
Neuss. Es war vor fast einem Jahr, kurz vor dem Fassanstich zum Schützenfest. Da saßen sich in Düsseldorf Bürgermeister Herbert Napp und sein 1. Beigeordneter Peter Söhngen im Rechtsstreit um die Abführung von Nebeneinkünften gegenüber: Kläger und Beklagter.
Bekanntermaßen gewann der Bürgermeister, und die Stadt musste ihm 13000 Euro zurückzahlen: Nebeneinkünfte aus zwei Jahren Tätigkeit im RWE-Regionalbeirat West. Das freute damals den Bürgermeister ebenso wie seinen "Kontrahenten":
Peter Söhngen nannte das Urteil "fantastisch und mutig". Tenor der Begründung der Richter: Es gibt keine rechtliche Grundlage für eine Abführung. Nun geht das Tauziehen in die zweite Instanz. Das Oberverwaltungsgericht Münster ließ eine Berufung zu.
Mehrere Gründe sprechen aus Sicht der Richter für eine neue Verhandlung: Die Frage nach einer gültigen Rechtsverordnung - genau die hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf vor einem Jahr verneint - sei höchstrichterlich nicht entschieden. Die Frage sei auch nicht "ohne weiteres" aus dem Gesetz zu beantworten. Und außerdem habe die Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung.
Denn nicht nur der Neusser Bürgermeister ist betroffen. Zahlreiche Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte sitzen in den Regionalbeiräten von RWE und beziehen Nebeneinkünfte. Die müssten abgeführt werden, hatte das Innenministerium in einem Runderlass 2005 festgestellt. Herbert Napp sah und sieht das anders.
Die Vorgeschichte, die zum Verfahren führte, war lang: Erst auf Druck des Regierungspräsidenten wies der Landrat die Stadt an, das Geld von ihrem Bürgermeister zu fordern. Der zahlte und verklagte die Stadt. Und auch nach dem Urteil ging es munter weiter: Die SPD machte Druck und forderte, in Berufung zu gehen. Als der Rat das - einstimmig - beschloss, lag der Bürgermeister gerade nach einem Sturz mit schwerer Rückenverletzung in einem Münchener Krankenhaus.
Ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten über die Erfolgsaussichten der Aktion kommt zu einem zweigeteilten Ergebnis: Die Aussicht auf Zulassung der Berufung sei groß, hieß es im Oktober 2007 aus der Kanzlei Redeker, Sellner, Dahs & Widmaier (Bonn). Es spreche aber viel dafür, dass das Oberverwaltungsgericht dann die Auffassung des Verwaltungsgerichts bestätigen werde.
Fast zehn Monate nach dem Antrag der Stadt hat der 1.Senat des Oberverwaltungsgerichts die Berufung nun zugelassen. Wann verhandelt wird, ist völlig offen.
Dass erneut verhandelt wird, sieht Bürgermeister Herbert Napp positiv, werde doch jetzt die Frage nach einer gültigen Rechtsgrundlage zu klären sein. Von der Stadt selbst, in diesem speziellen Fall Gegner des Bürgermeisters und mit ihrem Antrag erfolgreich, kam keine Stellungnahme.