Silberpfeil und Strandwagen

40.000 Zuschauer kamen und bewunderten bei Schloss Dyck 5.000 Oldtimer, darunter höchstseltene und längst verschollen geglaubte Exemplare.

Jüchen. 5.000 Oldtimer, 40.000 Besucher. Bei diesen dritten Classic Days in Jüchen wird an jeder Ecke des Schlosses Dyck nur über eines gesprochen: alte Autos. "Unglaublich", schwärmt Irene Annies, "früher waren die Autos einfach schöner."

Bei den "Racing Legends" demonstrieren die Wagen, was den Rennsport früher ausmachte. Mit sattem Motorensound starten 120 Fahrzeuge in Gleichmäßigkeitsrennen oder Demonstrationsläufen. Jochen Maas steuert den Benz 1908, mit dem Christian Lautenschläger den Grand Prix von Dieppe gewonnen hatte. Der Rennwagen, angetrieben von einem Vierzylindermotor mit 12,4 Litern Hubraum und 120 PS, ist ein Highlight am Schloss.

Dabei ist auch Hans Hermann, der zahllose Rennen mit Graf Berghe von Trips bestritt. Der 80-Jährige fährt "seinen" Mercedes W196, in dem er schon 1954 saß. Der Silberpfeil erreicht 290 Stundenkilometer. Am Rundkurs schaut Doris Meuter den Rennwagen entgegen. "Wunderbar! Sogar den dreirädrigen Tempowagen Austen Healey habe ich gesehen. In dem bin ich als Kind mit meinem Vater gefahren, eine Flasche Wasser im Gepäck, um den Motor zu kühlen", erzählt sie lachend.

In Erinnerungen schwelgen auch die Besucher des Concours d’Élégance im Schlosspark. 84 Fahrzeuge präsentieren sich auf der Orangeriehalbinsel. Jan de Boer ist mit seinem Rolls Royce Silvercoast dabei: "Es ist eine Ehre, mein Auto hier zeigen zu dürfen", sagt der Recklinghausener, ohne seine polierende Hand vom cremefarbenen Gehäuse zu nehmen.

Ein Siebeneinhalb-Liter-Motor verhilft der Edelkarosse von 1914 zu 90 Stundenkilometern. Unter dem Einstieg des Oldtimers mit roten Ledersitzen ein eingebauter Werkzeugkasten. Und dann die Hupe: In glänzendem Silber thront ein kiloschwerer Kobra-Kopf über dem Vorderrad. "Fragen Sie nicht, wie viel ein Liebhaber in sein Auto investiert. Es kann Ausmaße annehmen, die manch einer nicht nachvollziehen kann", meint de Bours schmunzelnd.

In einem Auto der Wirtschaftswunderzeit sitzt Simone Herfurtner mit Spitzenhandschuhen und einem Kleid, das an die Gesellschaft namhafter Badeorte von einst erinnert. "Der Jolly Strandwagen galt als Badetasche der Reichen", berichtet die Neusserin. Nur 100 Stück des 24- PS-Autos mit geflochtenen Korbsitzen gibt es noch.

Den einzigen Wagen seiner Art zeigt Günther Viegener aus Siegburg: "Diesen NAG Protos von 1908 fand eine Bekannte bei Ausgrabungen unter ihrem Haus." Ein früherer Hausbesitzer muss den Wagen während des Kriegs versteckt haben. Viegener hat ihn komplett zerlegt und wieder aufgebaut. 80.000 Euro wurden ihm schon für das Einzelstück mit einem Sieben-Liter-Hubraum geboten.

Veranstalter Eicke Schüürmann ist zufrieden mit den dritten Classic Days: "Mit so vielen historischen Autos sind wir wohl das größte Automuseum der Welt." Mit 40.000 Zuschauern an zwei Tagen.