Neuss rechnet ab Ende November mit 100 Flüchtlingen pro Woche
Es wird Raum für die Unterbringung gebraucht. Auch Turnhallen müssen wahrscheinlich zu Notunterkünften umfunktioniert werden.
Neuss. Bürgermeister Reiner Breuer ist erst wenige Tage im Amt, da sieht er sich schon gezwungen, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. „Es wird ernster“, sagte er jetzt im Stadtrat mit Blick auf den Flüchtlingsstrom — Tendenz steigend. Der Rathaus-Chef rechnet damit, dass Neuss ab Ende November wöchentlich 100 Neuankömmlinge aufnehmen und für sie ein angemessenes Dach über den Kopf schaffen muss.
Die Verwaltung legte am Freitag bereits ein detailliertes Konzept zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen vor. „Wir wollen Nutzungskonflikte nach Möglichkeit vermeiden“, versprach Breuer in seiner ersten Ratssitzung als amtierender Bürgermeister, aber er könne nicht ausschließen, dass auch in Neuss Sporthallen zu Notunterkünften umfunktioniert werden müssten. Explizit werden im Konzept die Turnhalle Allerheiligen und die Mehrzweckhalle Holzheim (beide ab Dezember) sowie die Eissporthalle (ab März) aufgelistet.
Der Stadt Neuss wurden in den vergangenen Monaten vergleichsweise wenige Asylbewerber und Flüchtlinge zugewiesen. Grund: Die sogenannte Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) im ehemaligen St.-Alexius-Krankenhaus an der Nordkanalallee wurde — unter Einbeziehung der Außenstelle Schule am Wildpark — auf 2000 Plätze ausgebaut. Die dort ankommenden Menschen werden nach nur zwei- bis dreiwöchigem Aufenthalt auf andere Kommunen verteilt; sie werden aber auf das Neusser Flüchtlingskontingent angerechnet. Dieses Verrechnungsplus ist nun aufgebraucht, so dass auch die Stadt Neuss in die sogenannte Regelzuweisung rutscht. Folge: Wöchentlich kommen schon bald mehr als 100 „eigene“ Flüchtlinge in Neuss an. „Tendenziell“, so heißt es in dem Rathaus-Konzept, werde die Zahl der wöchentlichen Zuweisungen „weiter in Richtung 150“ steigen.
Um dieser „großen Herausforderung“ (Breuer) gerecht zu werden, schlägt die Verwaltung Sofortmaßnahmen vor, „die ohne hohen Personalaufwand große Kapazitäten schaffen“: Bis auf weiteres wird die Hälfte der freiwerdenden Wohnungen des städtischen Bauvereins vorübergehend mit Flüchtlingen belegt. Das Potenzial wird mit Wohnraum für 100 Menschen im Monat veranschlagt.
Ende Januar sollen dann fünf große Traglufthallen stehen, die 200 Menschen aufnehmen können. Als mögliche Standorte werden Kirmesplätze sowie Parkplätze von Bezirkssportanlagen und der Eissporthalle genannt.
Notunterkünfte am Berghäuschensweg (100 Plätze) und am Nordbad (92 Plätze) wurden errichtet, weitere Wohncontainer-Anlagen in Allerheiligen, Hoisten, Selikum und Am Südpark wurden inzwischen in Auftrag gegeben; angesichts der langen Lieferzeiten werden sie aber erst im Spätsommer 2016 bezugsfertig sein. Um der prognostizierten Zuweisung Rechnung zu tragen, will die Verwaltung weitere Container-Standorte in Grefrath, Norf, Uedesheim und Rosellen jetzt konkret realisieren. Grundsätzlich, so heißt es in dem Papier, werde an dem Konzept der dezentralen Unterbringung festgehalten.
Der Bauverein baut für das Land NRW an der Rennbahn, Stresemannallee, einen neuen ZUE-Komplex, der einmal das bisher genutzte „Alexius“ ablösen soll. Das neue, nur auf 800 Plätze ausgelegte Gebäude wird als zu klein angesehen. Eine Erweiterung auf 1000 Plätze wird von allen Beteiligten angestrebt.