Neuss: War der wegen versuchten Totschlags angeklagte Ex-Richter schuldunfähig?

Im Prozess gegen den Juristen, der seine Ex-Frau mit einem Stein attackierte, sagte gestern die Gutachterin aus.

Neuss/Düsseldorf. Wie es um den Geisteszustand des ehemaligen Richters steht, der sich wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht verantworten muss, sollte gestern eine Gutachterin klären. Falls er psychisch krank ist, kann sich das bei einer Verurteilung mildernd auf das Strafmaß auswirken.

Der 57-jährige frühere Richter soll im September des vergangenen Jahres versucht haben, seine Ex-Frau in einem Geschäft in der Innenstadt mit einem Stein zu erschlagen.

Zwei Störungen könnten vorliegen, sagte die Gutachterin gestern im Gericht: Eine so genannte "bipolare Störung" - dabei schwankt der Kranke zwischen depressiven, tieftraurigen Episoden und manischen, krankhaft gut gelaunten Zuständen.

Außerdem zeige der Angeklagte narzisstische Züge, nehme sich selbst also viel wichtiger als alle anderen, und sei leicht zu kränken. Darüber hinaus sei bei einem Klinik-Aufenthalt kurz vor der Tat noch ein Alkoholmissbrauch, aber keine Sucht festgestellt worden, so die Gutachterin.

Vor der Tat hatte der Mann viel Alkohol getrunken - zwei Sechserpack Bier. Sichtbare Ausfallerscheinungen hatte er aber nach Zeugenaussagen nicht. Bei der Alkohol-Kontrolle stellte die Polizei fest, dass der Jurist bis zu 2,6 Promille im Blut hatte, als er mit einem Stein und einem Messer bewaffnet das Geschäft betrat, in dem seine Ex-Frau arbeitete. "Das war keine impulsive Spontan-Tat", sagte die Gutachterin.

Dennoch schloss sie nicht aus, dass der Ex-Richter zur Tatzeit wegen seiner psychischen Krankheit vermindert schuldfähig gewesen sei. Zudem stellte sie fest, dass von dem 57-Jährigen noch immer eine Gefahr ausgehe. Denn der Mann erkenne nicht an, dass er krank sei und Hilfe benötige.

Außerdem habe er bereits einen anderen Menschen angegriffen, die Mutter seiner Ex-Frau. Für den Angeklagten kann dieses Gutachten die dauerhafte Unterbringung in einer Klinik nach sich ziehen.

Das Urteil sollte ursprünglich am 15. April gesprochen werden. Doch der Prozess hat sich wegen etlicher Anträge des Ex-Richters immer weiter hingezogen. Mit einem Urteil wird nun gegen Ende des Monats gerechnet.