Pogromnacht: Gedenken an die Opfer

An der Promenadenstraße ist gestern der Menschen gedacht worden, die unter dem Naziterror litten und starben.

Neuss. An vielen Orten ist am Sonntag der Opfer des Holocaustes gedacht worden. 70 Jahre nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 sind auch in Neuss Bürger zusammen gekommen.

Ort der Veranstaltung war der Platz an der Promenadenstraße, an der früher die Synagoge stand und wo heute ein Gedenkstein an die Neusser erinnert, die durch den Terror starben.

327 Juden lebten vor 70 Jahren in Neuss, waren anerkannte Bürger der Stadt, Nachbarn und Freunde, Spielkameraden und Geschäftsleute.

Die Zahl derer, die durch die Hände der Nationalsozialisten und ihrer Handlanger von der Gestapo starben, werde wohl nie genau feststehen, sagte Professor Stefan Rohrbacher von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf in seiner Ansprache zur Gedenkfeier.

Stellvertretend für die Bürger, deren Namen nicht auf dem Gedenkstein zu finden ist, erzählte er die Geschichte von Aaron Heumann. Er war vor 70 Jahren Händler in Neuss und seit vielen Jahrzehnten als Synagogendiener mit dem Leben der jüdischen Gemeinde verbunden. In der Pogromnacht änderte sich sein Leben grundlegend: Seine Wohnung wurde gestürmt und verwüste. Er und seine Familie wurden bedroht. Schließlich zwang man ihn, vor den noch glimmenden Resten der abgebrannten Synagoge die Straße zu fegen.

Zwei Jahre später, Heumann war als Zwangsarbeiter zum Arbeitsdienst auf der Straße gezwungen, wurde er von einem früheren Nachbarsjungen beschimpft. Heumann ließ sich die Schmähungen nicht gefallen und stellte den frechen Jungen zur Rede. Das blieb für Heumann nicht ohne Folgen: Er wurde geschlagen und starb an den Verletzungen. "Solche Geschichten zeigen, wie wenig es braucht, um einen Menschen zum Ungeheuer werden zu lassen", sagte Rohrbacher.

Ein wichtiger Grund für diese Gedenkfeier sei, sich an die Geschehnisse zu erinnern, um aus ihnen zu lernen. "Erste Antwort auf die Frage, warum wir uns heute hier treffen, sollte sein, dass wir es den Opfern schuldig sind."

Die Überschaubarkeit von Neuss könne helfen, zu erkennen, wie einschneidend und bedeutend die Geschehnisse vor 70 Jahren für die Stadt gewesen sind.

Besonders beeindruckend war neben dem Totengebet für die Märtyrer der Shoa, das Rabbiner Michael Kogan sprach, die Beiträge von vier Schülerinnen des Alexander-von-Humboldt- und des Nelly-Sachs-Gymnasium. Maria Ballau, Josephine Ibelgaufts, Irene Stodden und Olga Svetlova hatten in ihrem Geschichte-Grundkurs das Thema aufgearbeitet und in gefühlsvollen und aufrüttelnden Texten vorgetragen.