Rhein-Kreis Neuss: Zahl der Einweisungen nimmt im Kreis ab
Ursachen für den Rückgang sind vielfältig, in vielen Einrichtungen fehlt Fachpersonal.
Rhein-Kreis Neuss. Während Zwangseinweisungen in geschlossene psychiatrische Abteilungen in Nordrhein-Westfalen seit den 80er Jahren generell gestiegen sind, sieht es damit im Rhein-Kreis Neuss anders aus. Wie aus dem aktuellen Psychiatriebericht des Kreises zu entnehmen ist, ist die Zahl der jährlichen Zwangseinweisungen von 600 im Jahr 1997 auf etwa 500 heute gesunken, immerhin eine Abnahme von etwa 17 Prozent.
"Dabei sind die Leute nicht weniger krank geworden", sagt Karsten Mankowsky vom Kreisgesundheitsamt. Vielmehr habe sich etwas in der Einweisungspraxis getan. "Generell kann man sagen, dass heute nicht mehr so schnell eingewiesen wird wie früher. Die Verantwortlichen schauen bei den Patienten heute noch genauer hin."
Das bestätigt auch der Direktor der Neusser Psychiatrie St.Alexius/St-Josef Krankenhaus, Dr. Martin Köhne. "Eigentlich nehmen die psychischen Erkrankungen sogar zu. Was die Zwangseinweisungen betrifft, haben sich einige Ärzte in der Vergangenheit aber viele Gedanken gemacht."
Generell gelte in der Klinik der Grundsatz der Freiwilligkeit. "Das ist unser höchstes Gut", sagt Köhne und ergänzt: "Es kann und darf auch nur dann eine Zwangseinweisung durchgeführt werden, wenn entweder von einer Fremdgefährdung oder/und eine Selbstgefährdung des Patienten auszugehen ist."
Jedoch werden Leute, die sich oder anderen etwas antun könnten nicht gleich eingesperrt. Die Patienten werden in der Neusser Psychiatrie vor einer Zwangseinweisung immer erst Fachärzten vorgeführt, und das rund um die Uhr. Köhne: "Das Fachpersonal überlegt dann gut, ob eine Einweisung sein muss oder nicht."
Der Direktor kann sich aber noch einen weiteren Grund für die Abnahme vorstellen. "In vielen Kliniken gibt es nur ein paar Personen, die sich professionell mit Zwangseinweisungen beschäftigen. Sind diese Kräfte nicht da, müssen das zum Beispiel auch mal HNO- oder andere Ärzte übernehmen, die damit verständlicherweise überfordert sind und sich eventuell gegen eine Einweisung entscheiden."
Patienten mit Zwangseinweisung leiden oft an psychischen Erkrankungen wie schweren Depressionen mit Suizidgefahr, Drogen-, Medikamenten- oder Alkoholeinfluss und Verwirrungszuständen wie Demenz. Köhne: "Aber auch anderes kann zur Zwangseinweisung führen. Zum Beispiel aggressives Verhalten wegen großer Eifersucht."