Rhein-Kreiss Neuss. Der Besucher durchquert den Hof von Schloss Dyck. In seiner Tasche führt er eine Kompanie von Schauspielern mit sich, die ihm Geschichten erzählen. Wie sich einst im 14.Jahrhundert zwei Raubritter mit dem Erzbischof und dem Graf von Geldern anlegten zum Beispiel. Wie ihr Schloss belagert und geschliffen wurde. Das geplante Leitsystem "Mobile Discovery" soll Touren wie diese möglich machen und herkömmliche Wegweiser ablösen.
Die Idee: Besucher erwerben an der Kasse Sprachgutscheine mit Nummern, die sie an etwa 20Punkten auf dem Schlossgelände kostenlos mit ihrem Mobiltelefon anrufen können, um Informationen abzurufen. Für Kinder wird es Extra-Nummern mit vereinfachten Informationen geben. Wer kein Handy hat, kann sich eins an der Kasse ausleihen. Das Konzept erzielte beim Landeswettbewerb "Create.NRW" einen Achtungserfolg.
Der Weg führt durch die Orangerie. Während der unsichtbare Fremdenführer im Telefon erzählt, dass das Dach Licht in das Gebäude leitet, um die Gewächse im Inneren warm zu halten, schweift der Blick über das bogenförmige Gebilde. "Schwanenhals" wird diese Dachform genannt, sagt das Handy. Wie passend.
Für Jens Spanjer, den Geschäftsführer der Stiftung Schloss Dyck, liegt der Vorteil von "Mobile Discovery" in der Kombination der Sinne: "Man muss keine Schilder lesen, sondern bekommt die Informationen über den Ton. Dann kann man gleichzeitig schauen." Ein mobiler Führer müsse in einem Park ganz andere Voraussetzungen erfüllen, als in einem Museum. "Er muss witterungsfest sein. Außerdem haben wir verschiedene Ausgänge, da wäre es schwierig gewesen, Leihgeräte auszugeben."
Die Idee, Informationen über das Handy abrufen zu lassen, stammt von Marcus Gerresheim. Parallel entwickelt er auch einen Prototyp für den Kreis, der irgendwann auch für andere Touristenattraktionen umgesetzt werden soll. Auf Schloss Dyck will man die Erkundungstour mit Handy bereits in diesem Jahr realisieren. Die Kosten werden auf 20000 Euro geschätzt.
Es geht durch den englischen Garten. Plötzlich Pferdegetrappel im Ohr: Fürst Joseph hat auf seinen Reisen Ableger von Pflanzen gesammelt und sie kutschenweise nach Schloss Dyck gebracht. Zum Beispiel eine Eibe, die in ihren 200 Lebensjahren einen Umfang von rund 110 Metern entwickelt hat.
Noch sammelt Gerresheim Ideen, wie Informationen zu den einzelnen Stationen inszeniert werden. "Es wird ein Hörbuch", sagt er. Man könne historische Briefe des Gartendirektors Finke vorlesen, schlägt die Kunsthistorikerin Marion Lisken-Pruss vor, die auch Fremdenführungen auf Schloss Dyck veranstaltet. Sie sagt: "Mit dem mobilen System können die Besucher ihre Route durch den Park anders als bei einer Führung frei wählen."
An der Barockbrücke zücken Spanjer, Gerresheim und Lisken-Pruss ihre Handys. Was werden ihnen die Geschichtenerzähler am anderen Ende der Leitung einmal erzählen? Vielleicht, dass der Vater von Fürst Joseph sie 1769 seiner Frau geschenkt hat.