Shakespeare-Festival: Company rockt zum Abschluss mit „Was ihr wollt“ das Globe
Neuss. "If music be the food of love, play on", ruft Orsino in der Eröffnungsszene von Twelfth Night ("Was ihr wollt"). In Shakespeares Beziehungsspiel geht es dann auch tatsächlich darum, ob Musik der Liebe Nahrung sein kann.
Regisseur Sean Holmes und sein musikalischer Leiter Tom Haines drehen den Satz um und liefern eine sehr musikalische Inszenierung ab, an der wohl auch Shakespeare seinen Spaß gehabt hätte.
Schon das Bühnenbild besteht aus Instrumenten, Synthesizern, Mikrofonen, Verstärkern und Kabeln. Man hat den Eindruck, als ob gleich eine Rockband über die Theaterbretter fegt. Die beherzte Truppe aus London rockt tatsächlich. Da passt es, dass Herzog Orsino mit Flic Flac und Handstand über die Bühne turnt.
Filter’s Spiel ist frisch, schräg und offen - nicht nur in seiner Erzählweise, sondern auch in der Beziehung zum Publikum. Da werden den Zuschauern Bälle zugespielt, die Orsino schelmisch wieder auffängt und dabei fast den Mikrofonständer umwirft. Diese latent überdrehte Grundstimmung, diese Überspanntheit der Gefühlslagen, legt die turbulente und kurze Inszenierung (ohne Pause!) den ganzen Abend nicht mehr ab - und doch passt alles wunderbar zum Stück.
Um die Liebe in all ihren schillernden Facetten geht es in dieser poetischen Komödie. Da spielen die Dienstboten verrückt, da schwelgt man in Lust und Liebe, verstellt sich nach Herzenslust und ist für böse Streiche immer zu haben.
Die Schiffbrüchige Viola (Poppy Miller) wird auf die Insel Illyrien gespült. Pitschnass betritt sie die Bühne und schüttelt erst einmal ihr nasses Haar.
Damit fällt der Startschuss zu den Irrungen und Wirrungen einer 400 Jahre alten Komödie: Viola, die aus Existenzangst in Männerkleider schlüpft, sich die Socken in die Hose steckt und sich dummerweise in den Mann, Orsino, verliebt, für den sie um eine andere, Olivia, freien soll. Doch schnell ist klar, dass sich Olivia in sie, die Verkleidete, verliebt hat. Das ergibt zwar keine Konflikte, aber einen Heidenspaß, den man dem Londoner Ensemble anmerkt.
Die Paraderolle um den ambitionierten Diener Malvolio, der im Liebesglühen für seine Herrin Olivia fehlgeleitet wird und zum ordinären Lustmolch mutiert, brilliert Ferdy Roberts in quietschgelben Strümpfen und Boxershorts.
Für Turbulenz und Kalauer sorgen auch Maria, Sir Andrew und Sir Toby - letzterer übrigens mit einer Vorliebe für Füchschen-Alt.
Das Publikum feierte die letzte Vorstellung des Neusser Shakespeare-Festivals mit stürmischem Schlussapplaus.