Zons/Ausstellung: Mit Fächer in die Liebesnacht

100 Luftwedel vom Ende des 18. Jahrhunderts sind im Museum Zons zu sehen – dazu gibt es unterhaltsame Anekdoten.

Zons. Die "schlafenden Schmetterlinge" sind erstmals in Zons zu sehen. Die mit 275 Exemplaren sehr umfangreiche Fächersammlung von Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg geriet nach seinem Tod 1822 fast in Vergessenheit. In Seidenpapier eingewickelt, schliefen die wertvollen Fächer in unzähligen chinesischen Kartons einen rund 150 Jahre dauernden Dornröschenschlaf. Erst in den 70er Jahren holte man die Kartons wieder hervor, um die Fächer in die Inventarlisten der herzöglichen Sammlung und der daraus hervorgegangenen Stiftung aufzunehmen.

Die erste umfangreiche Ausstellung der seltenen Stücke im Jahr 2002 "schlug in Fachkreisen ein wie eine Bombe", erinnert sich die Kuratorin der Ausstellung, Ute Däberitz, von der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha. Vor allem der aus der lichtlosen Aufbewahrung resultierende "phänomenale Zustand und gute Erhalt" begeisterte die Experten, sagt Däberitz. Mit der Ausstellung im Kreismuseum Zons gehen 100 Exemplare der Sammlung erstmals auf Reise, einige waren nie zuvor in der Öffentlichkeit zu sehen.

Eine weitere Premiere ist die zeitgleiche Veröffentlichung eines Bestandkataloges der Fächersammlung. Das Werk enthält nicht nur die Geschichte der Sammlung und ihres illustren Besitzers Herzog August, der seinen Zeitgenossen als Sonderling galt, sondern auch zahlreiche Bilder und Details der Luftwedel, die mit bloßem Auge mitunter schwer zu entdecken sind.

Zu den wahrscheinlich aufwändigsten und wertvollsten Fächern der Ausstellung dürften zwei Radfächer gehören, die die russische Zarin Elisabeth Alexejewna im Jahr 1818 Herzog August schenkte. Filigran sind Landschaften, Blütenranken und Ornamente in das leuchtend weiße Elfenbein des einen Fächers geschnitzt, der andere weist millimeterschmale Goldlackmalereien auf schwarzem Holz auf. Anders als Stofffächer bestehen diese Brisé-Fächer aus einzelnen Streifen, die mit Seidenband zum Fächerblatt zusammengehalten werden. "Solche wertvollen und filigranen Fächer hat man nie benutzt, sie wären zerbrochen", erklärt Däberitz.

Andere der gezeigten Fächer würden allerdings auch heute noch die vorsichtige Handhabung ohne Schäden überstehen. Zu jener Zeit, als Herzog August Kunstkenner in die Welt hinaus schickte, um die schönsten und wertvollsten Fächer für seine Sammlung zu suchen, hatten diese weitaus größere Bedeutung als das bloße Luftfächeln. Eine regelrechte Fächersprache mit rund 23 Gesten bildete sich, international verständlich und universell einsetzbar. Hielt die Dame den Fächer mit der linken Hand vor ihr Gesicht, suchte sie Bekanntschaft. Fächelte sie schnell, war sie verlobt, langsam fächelnd war sie bereits verheiratet.

Einfacher machte es ein Fächer aus Frankreich, der um 1740 entstanden sein muss. Sein Gestell weist Liebesmottos auf, die mit einem kurzen französischen Spruch und passenden Symbolen per Fingerzeig dem Auserwählten präsentiert werden konnten. Selbst eine Verabredung zum One-Night-Stand, zur unverbindlichen Liebesnacht, war auf diese Art diskret möglich, wenn die Dame auf die Zeichnung eines Hahnes deutete: "Wenn der Hahn kräht, ist meine Liebe vorbei." Ute Däberitz: "Man darf aber nicht vergessen, dass die Fächer hin und wieder die letzte Rettung waren, wenn der in ein Korsett eingeschnürten Dame eine Ohnmacht drohte."

Die Ausstellung ist ab sofort bis zum 20. Januar im Kreismuseum Zons, Schlossstraße 1, in Dormagen, zu sehen. Nähere Infos unter: 2 0 21 33/53020; Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 14 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und an Feiertagen 11 bis 17 Uhr.