Wanderziel: Schreiner Uebelgünns Särge

Wer beim Spazierengehen auch noch etwas Interessantes erfahren will, findet es zum Beispiel an Station 5.

Sprockhövel. "Spezialität: Särge in Eichen, Kiefern und Tannen." Das Angebot des Schreiners Friedrich Uebelgünn aus Oberstüter ist nun ebenso Vergangenheit wie er selbst.

In seinem Wohnhaus von 1903 wird mit Naturprodukten gehandelt, seine Werkstatt hat ein Holzhändler übernommen. Derweil kommt Uebelgünns Schreinerei zu neuer Ehre: Sie ist Station5 des Agenda-Weges Obersprockhövel, ein Wanderziel mit regionalhistorischer Bedeutung.

Über 23 Stationen und neun Kilometer zieht sich der Rundweg hin, ein gutes Lehrstück zur Heimatkunde, das die Agenda 21 Sprockhövel bereits 2004 angelegt hat und seither mit großem Aufwand pflegt. Erfreuliche Zugabe ist pünktlich zu Pfingsten eine ausführliche Dokumentation mit Texten von Karin Hockamp, Renate Zinke und Erich Schultze-Gebhardt.

Dass Obersprockhövel "mit seinen dürftigen Böden" im Schatten der Nachbargemeinden stand, ist gleich eingangs in der Broschüre zu lesen, doch ist auch die Rede von einem "lokalen Fokus des Aufbruchs in die Moderne", getragen von Bergbau und Eisenverhüttung.

So zieht die Wanderung ihre Schleifen um die Schmiede der Goldwaagen-Macher Poppenberg, die ehemaligen Schulen Bräuckelchen und Löhen als Indiz für eine sprunghaft wachsende Gemeinde wie auch die Kotten am Winterberg.

Eben dort werden auch die Errungenschaften der Moderne nicht verschwiegen: "130 Meter hoch ist das Windrad eines Hattinger Landwirts, das seit 2007 in Betrieb ist."

Im sachlichen Erzählstil blättern die Autoren Lokalgeschichte auf, fügen historische Zitate ein und ergänzen ihre Dokumentation durch ein Literaturverzeichnis.

Besonders aufschlussreich ist die Gegenüberstellung von neuen und alten Fotos: Vor der Schankwirtschaft "Hölzerne Klinke" stehen Zeitgenossen jenes Schreiners Uebelgünn, im Bild daneben präsentiert sich das alte bergische Fachwerkhaus schon mit neuzeitlichen Klinkern und Isolierverglasung.

Farbtupfer in die historische Betrachtung setzen Schilderungen und Fotos zur Natur, darauf auch ein dickes Polster aus blühendem Scharbockskraut.

Was den Gartenfreund heute wegen des aggressiven Wildwuchses ärgert, hat im geschichtlichen Kontext eine aufschlussreiche Kehrseite: Der Name Scharbock rührt von Skorbut, denn die Blätter enthalten Vitamin C und dienten einst den Armen als Ersatz für teures Obst.