Tipps der Tönisvorster Buchhandlung Die schönsten Bücher für den Herbst

Tönisvorst · Herbstzeit ist Lesezeit. Doch angesichts der großen Auswahl fällt es schwer, sich zu entscheiden. Judith Rüther-Zeiß von der Tönisvorster Buchhandlung hat sechs heiße Tipps.

Buchhändlerin Judith Rüther-Zeiß empfiehlt unter anderem „Und dahinter das Meer“ von Laura Spence-Ash und „Dezember 41“ von William Martin.

Foto: Norbert Prümen

Die Abende werden länger, die Temperaturen sinken – und der Lesesessel lockt. Das merkt auch Judith Rüther-Zeiß, Inhaberin der Tönisvorster Buchhandlung, denn Lesefreunde suchen nun noch häufiger ihr Geschäft an der Hochstraße in St. Tönis auf. Während im Sommer eher Krimis gelesen werden, sind jetzt wieder verstärkt die nordischen Kriminalromane gefragt – „mit Orten, an denen es kalt ist und schneit“, so die Buchhändlerin. Passend zur Jahreszeit waren Rüther-Zeiß und ihr Team von der Tönisvorster Stadtbibliothek und deren Förderverein zum „Buchherbst“ eingeladen, bei dem sie den Gästen ihre heißen Tipps für die kalten Monate präsentierten. Die Veranstaltung war schnell ausverkauft, doch die besten Empfehlungen gibt es nun auch hier.

Heiße Tipps helfen
gegen kühle Abende

In Thomas Schlessers Buch „Monas Augen“ (Piper Verlag, 26 Euro) geht es um die zehnjährige Mona, die plötzlich kurzzeitig ihr Augenlicht verliert. Sie wird von ihren aufgebrachten Eltern ins Krankenhaus gebracht. Monas Sehvermögen kehrt zurück, eine eindeutige Diagnose gibt es nicht. Die Ärzte empfehlen den Eltern, regelmäßig zur Kontrolle zu kommen und einen Kinderpsychiater aufzusuchen. Monas Großvater Henry, der sie zu diesen Terminen begleiten soll, hat aber eine viel bessere Idee: Statt Termine beim Kinderpsychiater zu machen, gehen Großvater und Enkelin heimlich Woche für Woche in die großen Pariser Museen und betrachten jeweils nur ein einziges Kunstwerk ganz ausführlich. Und so begleitet der Leser die beiden auf ihrer Reise durch die Kunstgeschichte und lernt ganz nebenbei die schönsten Gemälde, Skulpturen und Kunstwerke ganz genau kennen – und kommt auch dem Grund für Monas Leiden auf die Spur. Der Autor Thomas Schlesser ist Kunsthistoriker und setzt sich dafür ein, Kunst für ein breites Publikum verständlich zu machen. „Das Buch erinnerte mich beim Lesen an Jostein Gaarders ,Sophies Welt‘, in dem dem Leser die Philosophie näher gebracht wird“, so Judith Rüther-Zeiß. „Das Geniale ist, dass alle Kunstwerke in den Buchklappen abgebildet sind, sodass man als Leser immer wieder innehalten und betrachten kann und so das Kunstwerk gemeinsam mit Mona und Großvater Henry entdecken kann. Für Kunstinteressierte und solche, die es werden wollen, ein absolutes fabelhaftes Buch.“

„Dezember 41“ von William Martin (Hoffmann & Campe, 24 Euro) beginnt am 8. Dezember 1941. Einen Tag nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor versammeln sich Millionen Amerikaner vor ihren Radios und hören, wie Präsident Franklin D. Roosevelt den Kriegseintritt erklärt. In Los Angeles plant derweil der deutsche Spion Martin Browning, der zur Tarnung als Drehbuchautor in Hollywood arbeitet, ein Attentat auf Roosevelt, wenn dieser am Heiligen Abend vor dem Weißen Haus traditionell feierlich den Weihnachtsbaum erleuchtet. „Wer die etwas ausschweifenden einführenden Kapitel durchhält, wird mit einem tollen Agententhriller belohnt, der alles hat, was man von diesem Genre erwartet“, sagt Judith Rüther-Zeiß. Weitere wichtige Protagonisten sind die Möchtegern-Schauspielerin Viviane Hopewell, der FBI-Agent Frank Carter, der in den 30er-Jahren in die USA ausgewanderte Deutsche Nazi Fritz Kuhn, Nazijäger und Doppelagenten in Undercovereinsätzen. Außerdem tauchen neben diesen zum Teil realen, zum Teil fiktiven Charakteren immer wieder reale Zeitzeugen auf – wie zum Beispiel Humphrey Bogart, Marlene Dietrich und John Wayne. „Von Szene zu Szene steigert sich das Tempo bis zu einem grandiosen Showdown im Weißen Haus“ so Rüther-Zeiß. In dem historischen Krimi fühle man sich „wie in einem klassischen Film Noir der 40 Jahre“.

„Und dahinter das Meer“ von Laura Spence-Ash (Mare-Verlag, 25 Euro): Im Debütroman der US-amerikanischen Schriftstellerin Laura Spence-Ash entschließen sich Millie und Reginald Thompson im London des Jahres 1940 schweren Herzens, ihre elfjährige Tochter Beatrix bei einer amerikanischen Gastfamilie unterzubringen, um sie vor den deutschen Luftangriffen zu schützen. Beatrix findet bei der Bostoner Familie Gregory Geborgenheit und eine Familie auf Zeit – und in deren 9- und 13-jährigen Söhnen Gerald und William enge Vertraute. Die gemeinsam verbrachte Kindheit und Jugend verbindet die Familien für ihr gesamtes weiteres Leben. „Abwechselnd erzählt sich die Geschichte zweier Familien auf zwei Kontinenten über Jahrzehnte, bei denen einem die Protagonisten sehr ans Herz wachsen“ so Judith Rüther-Zeiß. „Einmal im Jahr wählen die Buchhändler in unabhängigen deutschen Buchhandlungen das Lieblingsbuch der Buchhändler. Dieser eindrucksvolle und bildgewaltige Roman war einer der fünf am häufigsten vorgeschlagenen Bücher. Gewonnen hat ein anderes großartiges Buch, ,Pi mal Daumen’ von Alina Bronsky, aber verdient hätte es dieser mindestens genauso“, findet die St. Töniser Buchhändlerin.

„Verbrannte Gnade“ von Margot Douaihy (Blumenbar Verlag 23 Euro): Im Mittelpunkt dieses Krimis steht Schwester Holiday, eine junge Ordensschwester, die an der New Orleans Saint Sebastians Klosterschule Musik unterrichtet. Sie ist keine ganz typische Ordensfrau, denn sie hört gern Punkrock, ist queer, raucht heimlich die von den Schülern konfiszierten Zigaretten und verbirgt unter Halstuch und Handschuhen diverse Tätowierungen. Als auf die Klosterschule ein Brandanschlag verübt wird, bei dem ein Hausmeister zu Tode kommt, beginnt Schwester Holiday, heimlich zu ermitteln. Zudem wird erzählt, wie Schwester Holiday mit ihrem Bruder in einem streng katholischen Haushalt aufwuchs, in einer Punkrockband spielte und Alkohol und Drogen konsumierte, bis ein Schicksalsschlag ihr Leben grundlegend veränderte. „Wer auf der Suche nach einem ungewöhnlichen, teils recht harten, sehr amerikanischen Krimi ist, wird an Schwester Holiday nicht vorbeikommen“, resümiert Judith Rüther-Zeiß.

„Das größte Rätsel aller Zeiten“ von Samuel Burr (Dumont Verlag, 24 Euro): Ende der 1970er-Jahre gründet sich im Hinterzimmer eines Londoner Pubs die „Gemeinschaft der Rätselmacher“. Die besten Rätselerfinder Großbritanniens finden sich hier zusammen. Später zieht man gemeinsam auf das ländliche Anwesen „Creighton Hall“ der Mitgründerin Pippa Allsbrook und lebt in einer Art Kommune zusammen. Eines Tages liegt vor den Pforten des Anwesens ein Säugling in einer Hutschachtel, die Gemeinschaft nimmt das Kind auf, und Pippa zieht den Jungen wie einen eigenen Sohn auf. Doch das Rätsel, woher der Junge kommt, können die Rätselmacher nicht lösen. Als Pippa 25 Jahre später stirbt, macht sich Findelkind Clayton mit Hilfe von von Pippa in Rätseln hinterlassenen Hinweisen auf die Suche nach seiner Herkunft.