Katharina Hacker gibt Lektüretipps im Heine Haus „Überblättern gehört zum Lesen“

Düsseldorf · Die Autorin („Habenichtse“) sprach im Heine-Haus über ihre bevorzugte Lektüre und gab Buchtipps.

Schriftstellerin Katharina Hacker sprach im Heine-Haus über Bücher und das Lesen.

Foto: ANDREAS LABES/S.Fischerverlag

Nach einem gelungenen Auftakt im Oktober mit Judith Hermann war nun die Schriftstellerin Katharina Hacker zu Gast in der neuen Reihe „Autoren lesen Autoren“ im Heine-Haus. Im Zentrum des Formats stehen Fragen wie: Was lesen Schriftstellerinnen und Schriftsteller, wenn sie nicht für ein eigens Buch recherchieren? Haben sie Lieblingsautoren? Wovon lassen sie sich zur Lektüre inspirieren?

Im Gespräch mit Rudolf Müller von der Literaturhandlung Müller und Böhm gab Katharina Hacker Einblicke ins private Bücherregal und überraschte das Publikum mit der Erkenntnis: „Überblättern gehört zum Lesen dazu, es ist essenziell.“ Das habe schon Umberto Eco festgestellt, als er den Auftrag bekam, Dumas‘ „Der Graf von Monte Christo“ nicht nur neu zu übersetzen, sondern auch zu kürzen. „Das Übersetzen hat gut geklappt, aber mit dem Kürzen tat sich Eco schwer“, erzählte Katharina Hacker. Er habe sich gefragt, warum das so ist, und dann entschieden, „die langen Passagen zu überblättern“.

Wenn der große Schriftsteller das schon so sehe, beruhige sie das, so Hacker. Schließlich sei sie ja auch noch Hausfrau und Mutter, habe bis zu zwölf Tiere zu versorgen, „da bleibt nicht viel Zeit zum Lesen“. Deshalb gibt die Autorin und Übersetzerin – die in Berlin und auf dem Land lebt – kurzen Büchern den Vorrang. Es heiße ja nicht umsonst, in jedem dicken Buch stecke ein kurzes, das ruft: „Lass mich hier raus!“

Auf die Frage von Rudolf Müller, ob sie ein Lieblingsgenre habe, verriet die gebürtige Frankfurterin: „Früher habe ich gerne Krimis gelesen, die Kommissar-Beck-Reihe von Maj Sjöwall und Per Wahlöö oder die witzigen Brenner-Romane von Wolfgang Haas.“ Auf ihrer Wunschliste stehe „mal ein Roman von Andrea Camilleri“.

Lektüretipps habe sie während ihrer Frankfurter Zeit immer von der Buchhändlerin Melusine Huss bekommen. „Ich hatte damals nicht viel Geld und konnte mir immer nur ein Buch leisten. Sie wusste genau, was sie mir empfehlen muss“, erinnerte sich Katharina Hacker und ergänzte: „Wenn man nur wenig Zeit zum Lesen hat oder kaum Geld, ist es wichtig, das richtige Buch zu finden.“ Die 2020 verstorbene Melusine Huss hatte ein Gespür dafür, welche Lektüre zu welchen Menschen passte, die in ihre Buchhandlung kamen.

Ihr Lieblingsleseplatz sei das Bett. „Durch die Arbeit auf dem Land mit den Tieren und im Haushalt bin ich oft so richtig körperlich erschöpft, da mache ich es mir gern mit einem guten Buch auf meinem Bett bequem“, erzählt sie. Das Klischee, dazu ein Glas Rotwein zu trinken, wollte die Schriftstellerin zwar nicht bedienen, schloss es aber auch nicht kategorisch aus. „Manchmal mag ich es auch ganz gerne dabei.“

Die Wahl-Berlinerin, die 2006 für ihren Roman „Habenichtse“ den Deutschen Buchpreis und den Düsseldorfer Literaturpreis erhielt, plauderte mit Rudolf Müller auch über ihre Schreibwerkstatt: „Ich schreibe alles auf dem Computer in eine Datei, Tagebuch, Ideen und Passagen für mein nächstes Buch oder To-do-Listen, später fische ich mir das raus, was ich für mein Buch brauche.“

Derzeit arbeite sie an einem weiteren Essayband. Der soll „Gerüchten zufolge im Januar fertig sein und im April 2025 in den Handel kommen“, sagte die Autorin schmunzelnd. Inhaltlich drehe es sich um Traurigkeit. Dazu recherchiere sie gerade und verschlinge alles, was sich mit Sorge, Trauer, Melancholie und Traurigkeit befasse.

Für das Publikum im Saal hatte Katharina Hacker noch zwei Lese- und Geschenktipps für das Weihnachtsfest. Sie selbst lese derzeit mit Begeisterung Judith Kuckarts „Die Welt zwischen den Nachrichten“. Und dann hatte sie noch eine besondere Empfehlung mit dem etwas sperrigen Titel „Eines Tages wird es leer sein“ von Hugo Lindenberg. „Es ist ein französischer Nachwuchsautor, den mir ein Freund ans Herz gelegt hat“, sagte sie und gab zu, dass sie anfangs gar nicht so angetan von dem Vorschlag gewesen sei. „Doch als ich dann die Geschichte las, hat sie mich sehr berührt, auch durch die Sprache und Form, in der sie geschrieben ist.“

Der nächste Termin in der Reihe „Preisträger lesen im Heine-Haus: Autoren lesen Autoren“ steht bereits in gut zwei Wochen an: Am Dienstag, 10. Dezember, wird der Schriftsteller Karl-Heinz Ott in der Literaturhandlung Müller und Böhm an der Bolkerstraße 23 zu Gast sein, Beginn: 19.30 Uhr. Eintritt 12 Euro, ermäßigt 8 Euro. Tickets unter: info@heinehaus.de oder Telefon 0211 20054294.