Bühnen-Macher: Der Mann hinter den Kulissen
Jeremias Vondrlik stattet sechs Stücke für die Wuppertaler Bühnen aus. Der Theater-Marathon ist in der Börse zu erleben.
Wuppertal. "Kunst-Realisateur" nennt sich Jeremias Vondrlik. Er macht Kunst (vor allem Drucke), vermittelt Kunst (indem er Ausstellungen gestaltet) und ermöglicht Kunst als Bühnenbildner. In letzterer Funktion haben die Wuppertaler Bühnen den geborenen Österreicher, der seit zwei Jahren in Sprockhövel wohnt, engagiert: Nach dem Hildegard-Knef-Abend stattet er nun die sechs Stücke aus, die zwischen Ende Oktober und Anfang November in der Börse gezeigt werden.
JeremiasVondrlik entscheidet sich gerne im letzten Moment endgültig für ein Kostüm oder Requisit.
"Für mich ist es wie ein Stück mit sechs Bildern", erzählt er augenzwinkernd. Wobei die Stücke sehr unterschiedlich sind - Antikes wie "König Oedipus" von Sophokles, Klassisches wie Goethes "Iphigenie auf Tauris" und moderne Stücke mit unterschiedlichsten Themen.
Jeweils zwei Stücke spielen im gleichen Raum und auch weitgehend im gleichen Bühnenbild, da es in der Börse kaum Lagerkapazitäten für Bühnenbildteile gibt, und auch wenig Techniker für Umbauten zur Verfügung stehen. Das stört Vondrlik jedoch nicht: "Ich bin ein Minimalist. Ich sehe das als Rückführung auf das Wesentliche: die Darstellung."
Er liebt die Kunst des Weglassens, will den Schauspielern viel Freiheit geben. Deshalb sitzt der Bühnenbildner seit Wochen in den Proben, beobachtet, diskutiert und entscheidet sich erst im letzten Moment endgültig für ein Kostüm oder ein Requisit. "Damit treibe ich die Abteilungen hier zur Verzweiflung." Zu Beginn schaute er sich die drei Räume in der Börse an, schickte den sechs teilweise von weither anreisenden Regisseuren Fotos, las die Stücke und entwickelte dann Ideen für eine Gestaltung.
Das Ergebnis sind drei sehr prägnante, individuelle und vielseitige Bühnenbilder. Die beiden Königsdramen spielen zwischen gebogenen "Mauern" aus Drahtgaze, die in ein Metallgitter gefädelt ist, und so die Optik von durchsichtigen Backsteinmauern ergibt. Hier kann der Regisseur viel mit Lichtwirkungen arbeiten und auch Filme einspielen.
Für "Anna sagt was" und den "Struwwelpeter" hat sich Vondrlik ein besonderes Material beschafft: Aus mehrere Zentimeter dicker Wellpappe baute er lange Kästen und hohe Wände, die von den Schauspielern je nach Bedarf umhergeschoben und gestapelt werden können. "Ich habe extra von der Feuerwehr testen lassen, ob das brandsicher ist." Das Material, das auch im Karosseriebau verwendet wird, lässt sich tatsächlich schwer entflammen.
Die "Grönholm-Methode" und die "Sechs Tanzstunden in sechs Wochen" sind noch weiter reduziert - hier gibt es nur eine runde Spielfläche mit ein paar Möbeln. Die Kleidung orientiert sich am Alltag. "Ich greife nur in die Klamottenkiste, wenn die Figur - wie etwa der Struwwelpeter - schräg sein soll." Ansonsten kombiniert er vorhandene Stücke aus dem Fundus passend zum Thema und Regieanliegen. Die Fiktion soll schließlich nicht durch Gegenstände, sondern durch die Worte der Schauspieler entstehen.