Welche Millionen-Leichen liegen noch im Leasing-Keller?

Am Dienstag tagt der Finanzausschuss zu den Cross-Border- Leasing-Geschäften – und stochert im Nebel.

Wuppertal. Während die Wuppertaler Stadtspitze im Zuge der Finanzkrise in den vergangenen Wochen immer wieder beteuert hat, dass die umstrittenen Cross-Border-Leasing-Geschäfte ohne Risiko für die Stadt und ihre Bürger seien, verdichten sich die Hinweise, dass das Gegenteil der Fall ist.

Nach Recherchen der WZ hat ein US-Gericht, der District Court, Northern District of Ohio, im Juli 2008 das Leasing-Modell und die damit verbundene Steuerersparnis in Bezug auf den Verkauf des Müllheizkraftwerkes gekippt. Am Dienstag tagt der Finanzausschuss der Stadt Wuppertal und Grüne, FDP, Linke und auch die WfW haben zahlreiche Fragen an die Verwaltung formuliert, damit endlich Klarheit in die Geschäfte kommt. Vor diesem Hintergrund wäre spannend zu wissen, was dieses neue Urteil für die Stadt und ihre Bürger bedeutet.

Im Klartext: Die Wuppertaler Abfallverwertungsgesellschaft (AWG) hat 1999 das Müllheizkraftwerk für 423 Millionen US-Dollar an die KSP Invest Corporation, eine hundertprozentige Tochter der KeyCorp. ,und an die PNC Capital Leasing LLC, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der PNC Financial Services Group verkauft. Die beiden Tochtergesellschaften bilden den sogenannten AWG Leasing Trust, der wiederum vom Willmington Trust als Treuhänder verwaltet wird.

Das war zumindest teilweise bekannt. Neu dürfte für die Wuppertaler Stadtverordneten sein, dass die Wuppertaler AWG eine Rückkaufoption für das Heizkraftwerk im Jahr 2024 für insgesamt 521 Millionen US-Dollar hat. Diese Kaufoption hat zwei Komponenten: Erstens sollen 383 Millionen Dollar über die fast bankrotte AIG abgewickelt werden, die restlichen 138 Millionen Dollar offenbar aus eigens angesammelten Beständen und Koten, die für diesen Fall angelegt worden waren.

Es gibt jedoch noch eine weitere Option: Der Rückkauf des Kraftwerks kann offenbar auch erst im Jahr 2036 abgewickelt werden. Unter welchen Bedingungen das möglich ist, ist unklar. Viel spannender wird die Frage sein, wie die US-Partner damit umgehen, dass die steuerlichen Vorteile der Cross-Border-Leasing-Geschäfte gekippt wurden.

Das ist auch vor dem Hintergrund interessant, dass neben der Stadt Wuppertal und der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) auch der Wupperverband sein Anlagevermögen in die USA verkauft und dann zurückgeleast hat. In zwei Tranchen hat der Verband, bei dem die Städte Wuppertal, Solingen, Remscheid und auch die Stadtwerke Mitglieder sind, Kläranlagen im Wert von 511 Millionen Euro in die Staaten verkauft.

Der Wupperverband hat, im Gegensatz zu AWG und Stadt Wuppertal seine Geschäfte nicht über die AIG absichern lassen, das erspart ihm zumindest, sich eine neue Versicherung suchen zu müssen. Aber: Auch der Wupperverband hat ebenso wie die AWG die Key Bank und PNC Bank als Geschäftspartner. Das heißt, auch für ihn wird es wichtig sein, wie die US-Vertragspartner mit den neuen Urteilen umgehen. Georg Wulf, Vize-Vorstand des Wupperverbandes, erklärte, dass derzeit keine Gefahr bestehe, dass Zahlungspflichten nicht erfüllt würden. Aber: Die Gespräche mit den Investoren laufen, Ausgang ungewiss.

In der Summe geht es also um Risiken von mehr als einer Milliarde US-Dollar und wenn heute über die Verträge geredet werden soll, dann könnte die Stadt auch mitteilen, ob sie neue Versicherungspartner gefunden hat - und wie viel teurer das wird. Für die AWG drängt die Zeit. Ist bis zum 14. November kein neuer Versicherungspartner gefunden, dann drohen Nachteile.

Die Linke wird beantragen, herauszufinden, ob und wie die Verträge rückabgewickelt werden können. Die Antwort wird ernüchternd sein. Die Verträge sind so konzipiert, dass erst durch Zinsen die nötigen Summen bereit stehen, um etwa das Kanalnetz (400 Millionen US-Dollar) zurückkaufen zu können. Sollte die Stadt dem US-Investor First Union ihr Kanalnetz früher abkaufen, müsste sie die entsprechenden Millionen aus dem Haushalt aufbringen: Dann ist Wuppertal insolvent.