Wuppertal Wuppertaler Steuerfahnder wechseln auf die Gegenseite

Zwei erfahrene Mitarbeiter des Wuppertaler Finanzamts gehen zur Anwaltsfirma Deloitte Legal. SPD sieht Schikanen der Landesregierung als Ursache.

Das Finanzamt in Wuppertal-Barmen. Archivbild.

Foto: Oliver Berg

Düsseldorf. Schwerer Schlag für die unter dem früheren NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) durch den Ankauf von Steuer-CDs bekannt gewordene Steuerfahndung Wuppertal: Nachdem schon vor einem Jahr Peter Beckhoff, der Chef der Behörde, in Ruhestand gegangen war, verlassen nun auch seine zwischenzeitliche kommissarische Nachfolgerin und ein weiterer Mitarbeiter aus dem Team die Behörde. Beide wechseln auf die Gegenseite. Stolz vermeldet die renommierte Anwaltskanzlei Deloitte Legal, dass ihre beiden neuen Mitarbeiter „seit Jahren zur Führungsebene der Wuppertaler Steuerfahndung gehören, die eine der wichtigsten der Republik ist“.

Michael Groschek, Chef der NRW-SPD, sieht in dem „personellen Aderlass bei der Steuerfahndung Wuppertal einen Beleg für das Politikversagen der Landesregierung“. Mit überflüssigen Schikanen gegen erfolgreiche Steuerfahnder schafften Armin Laschet und sein Finanzminister Lutz Lienenkämper „No-Tax-Areas für Bestverdienende“. Groschek forderte CDU und FDP deshalb auf, die Bekämpfung von Steuerflucht unverzüglich mit dem nötigen Ernst anzugehen. NRW sei hier unter SPD-Finanzminister Norbert Walter-Borjans europaweit zum Vorreiter geworden. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dürfe jetzt nicht „trotz der Klientelinteressen seiner Koalition den Türöffner für Finanzverbrecher spielen“.

Der frühere Finanzminister Walter-Borjans twitterte: „So fährt man sehenden Auges eine bestens aufgestellte Steuerfahndung vor die Wand. Da werden ein paar Champagner-Korken knallen.“ Damit meint er wohl auch einige der Unternehmen, die von den bei der Steuerfahndung ausgeschiedenen Sandra Höfer-Grosjean und Volker Radermacher demnächst beraten werden. Der neue Arbeitgeber der beiden formuliert es so: „Frau Höfer-Grosjean und Herr Radermacher werden uns ab März bei der Betreuung unserer großen nationalen und internationalen Mandanten, insbesondere bei der rechtssicheren Umsetzung steuerlicher Vorgaben in der Finanzwirtschaft oder Industrie unterstützen. Beide kennen die regulatorische Seite sehr genau, bringen ihre professionelle Perspektive strategisch in unser Team ein und sind daher eine optimale Ergänzung unseres Teams.“

Mitte Januar 2017 hatte Walter-Borjans - als er noch amtierender Finanzminister war - aus Anlass der Pensionierung des früheren Leiters Beckhoff aufgezählt, was die Steuerfahndung Wuppertal in den zurückliegenden Jahren ausgezeichnet habe: „Es ist kein Zufall, dass der Standort Wuppertal international mittlerweile nicht mehr nur für seine Schwebebahn bekannt ist, sondern auch als Standort der mit allen Wassern gewaschenen und wohl bekanntesten Steuerfahndung Deutschlands.“ Das verdanke das Land den engagierten Menschen dort, die mit Talent, Ehrgeiz und großem Einsatz Erfolge weit über das normal Maß erzielten. Durch den Erwerb von elf Steuer-CDS sei es bundesweit zu 120 000 Selbstanzeigen von Steuerstraftätern gekommen. Dadurch seien zusätzliche Steuereinnahmen von sechs bis sieben Milliarden Euro zusammen gekommen, allein 2,3 Milliarden Euro in NRW.

Ein Sprecher von Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) sagte gegenüber unserer Zeitung, dass die Bekämpfung der Steuerhinterziehung einen hohen Stellenwert innerhalb des Aufgabenkatalogs der Landesregierung habe. Die Landesregierung werde daher weiterhin die für eine erfolgreiche Bekämpfung der Steuerhinterziehung erforderlichen Ressourcen soweit wie möglich zur Verfügung stellen „und alle rechtlich zulässigen Mittel einsetzen, um den Kampf konsequent fortzuführen.“ Ziel des Finanzministeriums sei es, die sehr erfolgreiche Arbeit aller zehn nordrhein-westfälischen Steuerfahndungen fortzuführen und damit weiterhin einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Steuerhinterziehung zu leisten. Das Verfahren bei der Prüfung des Ankaufs von Steuer-CDs bleibe unverändert. Über einen etwaigen Ankauf werde in Einzelfallprüfungen und nach dem Abwägen von Chancen und Risiken entschieden.

Mit Blick auf das Finanzamt Wuppertal hieß es aus dem Finanzministerium: „Mit Michael Schneiderwind als neuem Dienststellenleiter wird die Arbeit in Wuppertal in gleicher Qualität fortgesetzt. Mit ihm konnte die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen einen engagierten und erfahrenen Kollegen für die Dienststellenleitung der Steuerfahndung in Wuppertal gewinnen, der alle Voraussetzungen für seine neue Aufgabe bestens erfüllt. Nicht zuletzt seine ausgewiesene Expertise im Bereich der Steuerfahndung qualifiziert ihn besonders für die herausfordernde Tätigkeit als Dienststellenleiter eines Steuerfahndungsamtes. Er war Strafrechtsverteidiger, war als Sachgebietsleiter in der Steuerfahndung Aachen tätig und hat viele Jahre lang die Fachaufsicht über alle Steuerfahndungen im Rheinland gehabt und alle wesentlichen großen Fälle begleitet.“ Die jetzt ausscheidenden Mitarbeiter würden nach dem Prinzip der Bestenauslese schnellstmöglich in Verantwortung der zuständigen Oberfinanzdirektion nachbesetzt.