„Helden“ von Baselitz im Frankfurter Städel

Frankfurt/Main (dpa) - Georg Baselitz hat 1969 seine Bilder um 180 Grad radikal gedreht - mit diesem Kunstgriff wurde er weltweit berühmt. Einige Jahre vorher hat der Maler und Bildhauer 1965/66 als „junger Wilder“ großflächige Gemälde geschaffen, die lange öffentlich wenig beachtet wurden.

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Die Schaffensperiode von Baselitz ist viele Jahre später als „Die Helden“ oder „Neue Typen“ in die Kunstgeschichte eingegangen. Es sind monumentale Figuren, mit kräftigem Farbaufstrich auf großer Leinwand (162 auf 130 Zentimeter) aufgetragen: Zu sehen sind Helden, Hirten, Rebellen, Partisanen oder Maler.

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Sie kommen sehr kraftvoll daher - und wirken durch ihre Verzerrung zugleich immer auch verletzlich. Oft tragen sie nicht näher identifizierbare Uniformen. In angedeuteten Landschaften führen sie Fahnen oder Malgerät mit sich - oder sind mit Tornister, Geschlechtsteilen und Armbinde behängt.

Das Frankfurter Städel widmet dieser Werkgruppe vom 30. Juni bis 23. Oktober nun eine umfassende Sonderausstellung mit 40 Gemälden und 30 Arbeiten auf Papier. Baselitz hat die Schau mitgestaltet. Für den heute 76-Jährigen, der sich als ewiger Außenseiter fühlt, war die damalige Zeit ein wichtiger Schritt zur Selbstfindung. „Ich fühlte mich nicht zugehörig“, sagt er in Frankfurt.

In den 1960er Jahren hat sich Baselitz mit seiner figürlichen Malerei gegen Pop-Art, Fluxus oder Abstraktionisten gewandt - die damals angesagten modernen Kunstrichtungen. Nachdem der gebürtige Sachse 1963 in Berlin in einer Galerie mit einem damals als schmutzig-pornografisch empfundenen Bild für einen Skandal sorgte, geht er 1965 mit einem Stipendium an die Villa Romana in Florenz.

Die Beschäftigung mit dem Florentiner Manierismus des 16. Jahrhunderts hat Baselitz' „Helden“ mitgeprägt. Unverkennbar sind aber Einflüsse von Egon Schiele. Baselitz selbst verweist auch auf Arnold Schönberg - ebenfalls ein Österreicher, der hierzulande aber fast nur als Komponist bekannt ist.

Gut 50 Jahre nach ihrer Entstehung wird die Werkgruppe in der Ausstellung nicht nur als Schlüsselwerk der deutschen Malerei in den 60er Jahren gefeiert. Die Schau sieht den Maler mit seinen skeptischen Groß-Figuren zugleich auch als Gesellschaftskritiker, der der selbstzufriedenen Nachkriegszeit mit ihrem Wirtschaftswunder den Spiegel vorhält.

Das scheint die „Neuen Typen“ von Baselitz - Frauen sind nicht dabei - aber doch zu überhöhen. Unbestritten geht es jedoch in den Bildern um die Selbstreflexion eines Künstlers, der für sich nach einer Identität suchte. Der Maler selbst ist mit seinen Bildern zufrieden - auch aus heutiger Sicht. „Sie haben ihre Präsenz nicht verloren“, glaubt er.

Kuratiert hat die Ausstellung der langjährige Städel-Chef Max Hollein, der zum 1. Juni nach San Francisco gewechselt ist. Im Anschluss an Frankfurt wandern „Die Helden“ nach Stockholm, Rom und das Guggenheim Museum in Bilbao weiter.