Meinung Athen am Fliegenfänger

Die Bundesregierung — in Person des Vizekanzlers Sigmar Gabriel — lobt die Einigung der Eurogruppe und des Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Freigabe weiterer Milliarden-Kredite für Griechenland — sie verschweigt dabei allerdings, dass von einer Einigung in Wirklichkeit gar keine Rede sein kann.

Foto: Judith Michaelis

Denn dass der IWF sich tatsächlich am Hilfsprogramm für Athen beteiligt, steht völlig in den Sternen. Frühestens im Herbst fällt in Washington die endgültige Entscheidung. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bescheinigt dem Fonds vorausschauend „seine eigenen Regeln und Verfahren“ — sollte die Vereinbarung am Nein des IWF scheitern, ist der Schwarze Peter immerhin schon benannt.

Der ist aber eigentlich in Europa, genauer in Berlin, zuhause. Denn einmal mehr ist es Deutschland, das mit seinem Beharren auf der Austeritätspolitik ernsthafte Zugeständnisse an Griechenland verhindert hat. Einen harten Schuldenschnitt, der dem gebeutelten Land nachhaltig helfen könnte, wird es nicht geben, und wie die in Brüssel versprochenen Schuldenerleichterungen im großen Stil aussehen könnten, ist ungewiss.

Von den ersten 7,5 Milliarden Euro, die im Juni von den Geldgebern Richtung Athen überwiesen werden, soll zwar die Hälfte in die griechische Wirtschaft fließen, mit den neuen Schulden müssen aber im Juli zunächst alte abgezahlt werden. Die Gläubiger warten auf 3,67 Milliarden — darunter übrigens auch der IWF, der eigentlich, wenn er es denn ernst meint, für die in Aussicht gestellte Schuldenerleichterung garantieren müsste.

Die Staatspleite vor dem Sommer ist zunächst abgewendet. Zumindest wenn der Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei — vom Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki gestern überraschend deutlich und hellsichtig als „infam“ bezeichnet — nicht noch platzt. Der türkische Präsident Erdogan droht damit; treffen würde das vor allem Griechenland. Wie es aussieht, hängt Athen nicht nur am Berliner Fliegenfänger.